Die Bundeszentrale für politische Bildung hat eine Liste mit 35 Filmen vorgestellt, die im Schulunterricht behandelt werden sollten. Das bewegte Bild als Leitmedium des 20. Jahrhunderts gehöre in den Unterricht, erklärte der Präsident der Bundeszentrale, Thomas Krüger, zur Rechtfertigung des Projekts. Von der 1. bis zur 13. Klasse sollten alle Schüler Grundkenntnisse der Filmgeschichte erlangen. Die Liste basiert auf Empfehlungen einer Experten-Kommission, die unter anderem mit den Regisseuren Volker Schlöndorff, Andreas Dresen und Tom Tykwer besetzt war. Die Palette der vorgeschlagenen Filme reicht von „Nosferatu“ (F. W. Murnau, 1922) und „Panzerkreuzer Potemkin“ (Sergej M. Eisenstein, 1925) über „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ (Fritz Lang, 1931), „Citizen Kane“ (Orson Welles, 1941), „La Strada“ (Federico Fellini, 1954) bis zu Pedro Almodóvars „Alles über meine Mutter“ (1999). Läßt man die Sinnfrage außen vor, ob Filmunterricht in Zeiten, in denen selbst Abiturienten Schwierigkeiten in den Grundfertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen haben, überhaupt vertretbar ist, mögen die meisten Filme in Ordnung gehen. Anlaß zum Nachdenken sollte aber die Tatsache bieten, daß von den insgesamt 35 Filmen nur acht aus Deutschland stammen, zwölf dagegen aus den USA. So taucht zwar die Hollywood-Produktion „Blade Runner“ (1981) in der Liste auf, dafür fehlt zum Beispiel Murnaus „Der letzte Mann“ (1924) ebenso wie Robert Siodmaks „Die Ratten“ (1953). Wirklich unverzeihlich aber ist die – wohl kaum zufällige – Mißachtung der großen Pionierin nicht nur der deutschen Filmgeschichte: Leni Riefenstahl. Ihre Aufnahmetechnik, Schnittfolgen und Bildästhetik in Filmen wie „Das blaue Licht“ (1932) oder dem Olympia-Zweiteiler von 1936 haben das Medium Film in einer Weise revolutioniert und geprägt, die Riefenstahl allemal Kanon-Ehren einbringen müßte. Daß die sogenannten Experten mit der Nichtberücksichtigung Riefenstahls die zu erwartende Auseinandersetzung gescheut haben, macht ihre Empfehlungen insgesamt wertlos.
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