Die öffentliche Diskussion über den Einsatz von Nato-Staaten und anderen Verbündeten in Afghanistan betrifft mehr und mehr den Abzug aus dem Vielvölkerstaat. Bis Ende 2014 sollen die Nato-Kampftruppen das Land verlassen, afghanische Polizisten und Soldaten sollen auf eigene Faust versuchen, so etwas wie eine landesweite Sicherheit und Ordnung zu etablieren – freilich mit Hilfe von Nato-Ausbildern.
Vorsichtig formuliert: Es gibt diverse Stimmen in dieser Debatte, die nicht an eine dauerhafte Befriedung dieses Krisengebiets glauben. Nur, was wird mit den in den verschiedenen Regionen ansässigen Menschen passieren, die mit fremden Truppen oder ausländischen Hilfsorganisationen zusammengearbeitet haben? Wie werden die zivilen Hilfsorganisationen selbst zurechtkommen, wenn militärischer Schutz (und truppenärztliche Versorgung) fehlen?
Verteidigungsminister Thomas de Maizière teilt die Besorgnis der Hilfsorganisationen, daß einheimische Mitarbeiter, aus Sicht der Taliban wohl „Kollaborateure“, nach einem Abzug besonders gefährdet „sein könnten“.
Ab 2015 ihrer Haut nicht mehr sicher
Die Bundesregierung hätte sicher die Möglichkeit, das mit einem Schulterzucken zu ignorieren. Das wäre allerdings nicht nur aus ethischer Sicht ein Problem. Denn wie sollte man in zukünftigen Einsätzen in anderen Regionen – und diese werden wohl kommen – den Menschen vor Ort erklären, daß es sinnvoll und sicher ist, die ausländischen Truppen zu unterstützen? Warum sollten die einheimischen Helfer jetzt noch loyal sein, wenn sie wissen, daß sie sich ihrer Haut ab 2015 nicht mehr sicher sein können?
Es ist also gut und richtig, daß sich die Bundesregierung derzeit Gedanken darüber macht, wie diese Menschen geschützt werden können. Das kann so weit gehen, daß den afghanischen Helfern eine Zukunft in Deutschland ermöglicht wird. Kritik am Einsatz sowie Kritik an der deutschen Einwanderungspolitik ist berechtigt. Die afghanischen Helfer aber, die „uns“ vertraut haben, dürfen nicht allein gelassen werden.