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Sprechen statt Tippen

Sprechen statt Tippen

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Sprechen statt Tippen

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Weißmann, Reich, Republik, Nachkriegsrechte

Man mag es mir ja als Heuchelei ankreiden, dies in Form einer Internetkolumne vorzubringen, aber „was gesagt werden muß“ (Danke, Günni G., was wären wir nur ohne Dich?): Es nimmt mich doch immer wieder wunder, wieviel Zeit, Mühe und Herzblut Menschen dafür aufwenden, Blog- und Internetzeitungsartikel zu kommentieren. Bei Facebook, wo die Kommentarspalten dank Echtzeit-Aktualisierung eher den Charakter von Chatprogrammen haben, ist das ja noch einigermaßen verständlich – aber bei Spiegel Online und Konsorten? 

Was bleibt, ist Brei 

Da entspinnen sich auf der einen Seite regelrechte elektronische Briefzyklen. Sachverhalte werden umfänglich erörtert und mit Quellennachweisen zu untermauern versucht; teilweise langjährige – auch persönliche – Fehden ausgetragen und oftmals auch einfach nur ein singulärer, gerne kurioser Standpunkt starrköpfig und belehrungsresistent immer wieder vorgetragen.

Wo es keine Kommentarmoderation gibt oder diese nur sehr behutsam vorgeht, bringen einzelne Autoren auch gern Eigenwerbung oder völlig zusammenhanglose Postulate ein. Einem Anhänger des PIRATENgeistes mag dies vielleicht als Evolution der Demokratie erscheinen, aber im Großen und Ganzen wirken die digitalen Sprechblasen doch eher skurril. 

Mal Vorzensur… 

Darüber hinaus kann andererseits von einem freien (für Jürgen H. aus D. meinetwegen auch „herrschaftsfreien“) Diskurs wohl kaum die Rede sein. Gerade bei Reizthemen wie allem, was irgendwie mit dem Integrationsdesaster zu tun hat, wird dies überdeutlich. In dieser Hinsicht kann man dem traurigen Treiben des salafistischen Mobs in Bad Godesberg für das aktuelle Paradebeispiel auf eine perverse Art und Weise beinahe schon dankbar sein.

Bei SpOn ist der Leitartikel zum Thema gar nicht erst mit einer Kommentarfunktion ausgestattet. Immerhin, Focus wie auch Zeit gestehen ihren (bei Letzterer indes nur den registrierten) Nutzern den seitenlangen Meinungsaustausch unterhalb des Textkörpers. 

Nach einer Anmeldung darf man auch bei der FAZ diskutieren, gleiches gilt für die Süddeutsche. Der Blick auf die entsprechenden Seiten der Welt hingegen erübrigt sich wie immer; die kleine, fleischfarben hinterlegte Leiste mit dem lapidaren Satz „Die Kommentarfunktion dieser Seite wurde deaktiviert“ kann man schon beinahe als Sinnbild für den Diskussionsgeist im Netzableger des Springerblattes hernehmen. 

… mal große Spur 

So geben die „großen“ Blätter ein sehr uneinheitliches Bild ab, wenn es um ihren Umgang mit dem offensichtlich regen Mitteilungsbedürfnis ihrer Leserschaft geht. Gerade dem konservativen, passionierten Kommentarschreiber bleibt so nicht viel mehr übrig, als sich Alternativen zu suchen – nicht umsonst erfreuen sich Portale wie Politically Incorrect oder weiland gar Altermedia einer solch enormen Nachfrage. Allerdings schlug und schlägt sich dieser Umstand auch ganz erheblich in der Qualität des dortigen „Austauschs“ nieder. 

Aufstehen, aufeinander zugehen! 

Bleibt noch immer die Frage: Warum das alles? Natürlich ist der virtuelle Gesprächskreis (um nicht zu sagen: Stammtisch) bequemer, ja sogar vom Büro aus zu unterhalten. Außerdem steigt natürlich die Zahl der potentiell erreichbaren Rezipienten ins schier Unermeßliche. Dennoch – wo der Austausch nur ein netter Zeitvertreib oder ein Ventil zum „Druckablassen“ bleibt, muß ihm der schale Schweißgeruch der Saturiertheit anhaften.

In Internetkommentaren Gift und Galle zu speien oder sich intellektuell abzustrampeln, ist letztlich nichts weiter als das „Tetris“-Spiel für Phrasenjongleure. Voran geht es nur dann, wenn man sich mit seinen Mitmenschen von Angesicht zu Angesicht auseinandersetzt. Für unsereins gibt es, Larmoyanz außen vor, inzwischen genug gute Runden und Veranstaltungen, die eine Stippvisite wert sind – man muß sich nur vom Sofa oder dem ergonomischem Bürostuhl erheben.

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