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Die Entwulffung der Republik

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Die Entwulffung der Republik

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Weißmann, Reich, Republik, Nachkriegsrechte

Die Wahl von Joachim Gauck zum neuen Bundespräsidenten hat gute wie schlechte Seiten. Das Gute: Gauck ist eine integre Person, zudem im Vergleich zu Christian Wulff auch ein Charakter mit originären Positionen, eventuell gar querdenkerischen Ansätzen. Er wird sicherlich ein enormer Qualitätssprung sein. Das Schlechte: Wulff war bereits so gründlich desavouiert, daß ihm keiner mehr wirklich zuhörte. Er hätte also noch ein paar Jahre seine Litanei von den zu uns gehörenden Menschen aus aller Welt und den bösen Rechten vortragen können, und fast jeder hätte das nur noch schulterzuckend ignoriert.

Bei Gauck dürfte das ganz anders sein. Was er sagt, hat Gewicht. Und so bleibt nur zu hoffen, daß er den mit Sicherheit vor der Tür lauernden Lobbygruppen, den Einflüsterungen des Zeitgeistes widerstehen kann und nicht in das politisch-korrekte Fahrwasser Wulffscher Provenienz abgleitet. Daß es so schnell mit der Kür des Nachfolgers ging, überraschte. Möglichenfalls wollten die Parteien den Anschein einer weiteren Staatskrise vermeiden. Beruhigung ist derzeit ganz wichtig, da angesichts der Euro-Krise bereits genug Verunsicherung die Bürger erreicht hat.

Menschliches Mitleid mit Wulff zu haben, was manche konservative Leserbriefschreiber derzeit demonstrieren, ist sicher ehrenvoll und christlich gedacht. Nur Sadisten und Sensationsgierige erfreuen sich an der üblichen Arbeit unserer (Boulevard-)Medien-Hetzmeute. Außerdem hat sich Wulff im internationalen Maßstab wirklich nur Peanuts erlaubt, die nun aber zu einem Elefanten aufgebauscht wurden. Andererseits sollte man ihm nicht zuviel Verständnis zukommen lassen, denn Wulff stand bekanntlich in erster Reihe, als es um die Frage der Entlassung Thilo Sarrazins bei der Deutschen Bundesbank ging, obwohl dieser nur legale und legitime Meinungen geäußert hatte. Ebenso hatte Wulff Duisburgs soeben abgewählten Oberbürgermeister Adolf Sauerland direkt nach dem „Love Parade“-Desaster effekthascherisch zum Rücktritt aufgefordert, obwohl er kaum beurteilen konnte, inwieweit Sauerland überhaupt persönliche Verantwortung an der Katastrophe hatte.

Platteste Sonntagsphrasen

Warum es nun gerade Wulff traf, darüber kann spekuliert werden. Verschwörungstheoretische Ansätze stilisieren Wulff schon mal zum heimlichen Abweichler in Sachen Währungsstabilität, weshalb ihm nun (faktisch von Goldman Sachs) der Mund gestopft worden wäre. Warum allerdings der ansonsten stromlinienförmige Wulff plötzlich glaubhaft den Euro-Rebellen mimen hätte sollen, bleibt ein Rätsel. Allenfalls, daß er von der Sorge angetrieben hätte sein können, daß bei einer kommenden Rezession, bei Inflation und einem eventuellen Staatsbankrott, kein ausreichendes Geld mehr für allerlei bunte Integrationsprojekte übrig bleiben könnte, wage ich ihm zu unterstellen. Das eigene Geld aber hat er ja bekanntlich bereits in Immobilienbesitz umgeschichtet.

Hätte Wulff seine penetrant – zuletzt in seiner Abschiedsrede – vorgetragene „multikulturelle“ Ideologie doch wenigstens zu einer großen Vision verdichtet. Er hätte die Idee einer Erneuerung der deutschen Nation durch Blutsauffrischung von Außen formulieren können. Oder die Wieder-Vergeistigung unserer materialistisch gewordenen Gesellschaft durch den Einfluss einer neuen vitalen Religion propagieren. Darüber hätte man zumindest diskutieren und streiten können. So aber blieben nur platteste Sonntagsphrasen à la: „Alle sollen sich zugehörig fühlen, die hier bei uns in Deutschland leben, eine Ausbildung machen, studieren und arbeiten – ganz gleich, welche Wurzeln sie haben. Wir gestalten unsere Zukunft gemeinsam.“

Und diese lassen allenfalls die Fragen offen, ob beispielsweise auch die sich zugehörig fühlen sollen, die hierher kommen und Hartz IV beziehen? Oder diejenigen, die sich zunehmend fremd in ihrem Stadtteil fühlen, weil kaum einer noch ihre Sprache spricht? Oder diejenigen, deren Meinung hier unerwünscht ist, weil sie eine abweichende Position zum Staatsbürgerrecht vertreten?

Perfekter Klon des BRD-Establishments

Es könnte schon sein, daß Wulff deshalb so zum Haßobjekt werden konnte, weil er so perfekt den angepaßten BRD-Bürger repräsentierte. Insofern stimme ich dem gestrigen Autor dieses Blogs, Fabian Schmidt-Ahmad, zu, wenngleich ich seine Wortwahl korrigieren möchte. Wulff war kein „würdiger Repräsentant der Deutschen“, und es war nicht „deutscher Selbsthaß“ hier am Werk. Das würde Wulff dann doch zuviel Ehre zukommen lassen. Wulff war der perfekte Klon des hochrangigen BRD-Establishments, und möglichenfalls war es deshalb Selbsthaß der medialen und politischen Klasse, der hier am Werke war.

Vielleicht verlangt eine zunehmend krisenhafte Zeit zunehmend nach irrational ausgesuchten Bauernopfern, die oftmals Sauerland und manchmal eben auch Wulff heißen. Auch perfekte Verinnerlichung von Political Correctness und „Vielfalt-Ideologie“ schützt da scheinbar nicht mehr zwangsläufig. Das System beginnt seine Kinder zu fressen. Das indes sollte einen wenig jucken. Wenn sich oben alle gegenseitig wegmobben, dann bleibt ihnen wenigstens nicht mehr ganz so viel Energie, Druck nach unten abzugeben, also kritische Bürger, die sich um die Zukunft Deutschlands wirklich sorgen, an den gesellschaftlichen Rand zu drängen oder zu kriminalisieren.

Um den Irrsinn komplett zu machen, hätte natürlich die Opposition noch einmal Gesine Schwan aus dem Zylinder zaubern können. Oder Horst Köhler hätte sich zu einer dritten Amtszeit bereit erklären können. Ich hatte nach Köhlers Abtritt im Freundeskreis mal Michelle Hunziker vorgeschlagen. Blond und sexy hätte sie im Ausland das Bild des sympathischen, frischen Deutschland optisch präsentieren können. Viel mehr Unsinn als Wulff und andere Politiker hätte sie auch nicht von sich geben können. Deutschland wäre mit einem gewinnenden jungen Lächeln assoziiert worden, Hitlers Schatten endgültig verflogen.

Die Chance zur Monarchie verpaßt

Doch Hunziker ist Schweizerin, was staatsrechtliche Probleme bedeutet hätte. Dies ausgeblendet, hätte sich nun Whitney Houston angeboten, da sie mehrere Vorteile aufwies: Erstmals eine Frau im höchsten Staatsamt. Dann schwarzer Hautfarbe, also ein Sinnbild der „bunten Republik“. Und einbalsamiert in Schloß Bellevue aufgestellt, hätte sie auch keine zweifelhaften Geldgeschenke mehr annehmen können. Doch nun wird es Gauck. Sicherlich war das in der momentanen Lage auch die beste Wahl.

Ein letzter Randaspekt dazu: Traurig war mal wieder, daß die deutschen Monarchisten die Präsidentenkrise nicht zur eigenen Profilierung nutzen konnten. Man hätte thematisieren können, daß ein dem parteipolitischen Geschacher enthobenes Staatsoberhaupt auch eine Anknüpfung an tausend Jahre deutscher Geschichte darstellen könnte, zudem eine Heilung nach den Wunden der letzten 100 Jahre. Vielleicht wäre unter bestimmten Umständen auch eine Versöhnung mit der politischen Linken im Sinne eines sozialen, dem Volk dienenden Königtums möglich, wie etwa in Kambodscha.

Und es wäre eine Anlehnung an die germanischsprachigen Länder in Europa, die weitgehend monarchisch repräsentiert werden, von Großbritannien bis Schweden. Die deutschen Monarchisten aber sind noch so verzwergt in ihrer Rolle von Traditionspflegeclubs, daß sie derartige Chancen bislang nicht effektiv zu nutzen in der Lage sind. Immerhin gab die „Deutsche Monarchistische Gesellschaft“ eine Presseerklärung zur Wulff-Affäre an die Öffentlichkeit.

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