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Politiker haben kein Privatleben

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Politiker haben kein Privatleben

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Heute wird in Amerika der Pulitzerpreis vergeben. Eine Zeitung, die gute Chancen hat, ist das Boulevardmagazin National Enquirer, das eine sensationelle Geschichte über einen führenden linken Politiker in Amerika ans Tageslicht gebracht hat. Deswegen tobt das politisch-korrekte Establishment: Wie kann so ein Schmuddelblatt überhaupt ernsthaft in Betracht gezogen werden?

Das ist doch kein seriöser Journalismus, wenn sich Zeitungen mit dem Privatleben prominenter Politiker und Stars beschäftigen, sagen sie. Aber das ist nicht wahr. Der Enquirer hat den Preis verdient, und ja: Das Privatleben von Politikern geht die Öffentlichkeit etwas an.

Fangen wir mit der Geschichte an: Es geht um John Edwards, der als „running mate“ von John Kerry fast amerikanischer Vizepräsident geworden wäre. Der Senator hat wie alle Kandidaten im Wahlkampf sein erfolgreiches Familienleben herausgestellt.

Karriere ist jetzt wohl am Ende

Doch gegen ihn ist Bill Clinton ein Waisenknabe. Edwards ist ein erfolgreicher, gutaussehender Anwalt, hat aber eine ältere Frau, die obendrein an Krebs erkrankt ist. Amerika liebte ihn dafür, daß er seiner Frau allen Widrigkeiten zum Trotz treu ist. Aber das war gar nicht der Fall.

In Wirklichkeit hatte Edwards eine Affäre mit einer Jüngeren, die – auch das fand der Enquirer heraus – von ihm schwanger war. Edwards leugnete alles und streute Gerüchte über eine fremde Vaterschaft. Es bedurfte mehrerer Veröffentlichungen durch den Enquirer, bis die Mainstream-Medien Amerikas die Geschichte aufgriffen und darüber berichteten. Edwards Karriere ist jetzt wohl am Ende.

Warum ist diese Geschichte so wichtig? Weil ein Mann, der seine Frau und die Öffentlichkeit belügt, kein guter Politiker sein kann – außer natürlich, wenn die Wähler belogen und betrogen werden möchten (was ich beim masochistischen Teil der Deutschen manchmal vermute). Aber Spaß beiseite: Wer für ein 80- oder ein 300-Millionen-Volk zuständig ist, der hat kein Privatleben. Er kann nicht sagen: Das geht euch nichts an, hier ist meine Privatsphäre.

Kein Recht auf Privatheit

Wenn wir diese Logik, die von einigen Politikern und Handlangern in der Heuchel-Industrie immer mal wieder vorgetragen wird, zu Ende denken, dann könnte ein Bundeskanzler nach einer Pressekonferenz sagen: „So, jetzt beginnt mein Privatleben, ich fahre meinen Sohn in den Kindergarten. Ab jetzt darf über mich nicht mehr berichtet werden.“

Die Kameras würden abziehen, die Journalisten würden das Finale von „Deutschland sucht den Superstar“ schauen, aber in Wirklichkeit fährt unser fiktiver Kanzler nach Neukölln und vertickt in der Hasenheide nebenbei Heroin an Junkies, ohne daß die Presse darüber berichtet. Genau das wäre möglich, wenn Politiker ein Privatleben hätten, über das nicht berichtet werden darf.

Jemand, der ein öffentliches Amt bekleidet, hat per definitionem kein Recht auf Privatheit. Das heißt nicht, daß das meiste, was in den Skandalblättern steht, auch lesenswert ist. Im Gegenteil: Es ist meistens Schund. Wen interessiert schon, ob und mit wem Edwards fremdgeht und wie das Kind entstanden ist, das seine Freundin jetzt hat? Für den politischen Berichterstatter ist nur wichtig, daß er fremdgeht und ständig die Leute belügt. Er ist Politiker. Und die Leute sollen wissen, daß er auch ein Lügner ist.

Solche Sachen gehören an die Öffentlichkeit

In Deutschland haben wir den „Skandal“ um die Privatdetektive der Bunten. Natürlich war es richtig, Papparazzi auf Lafontaine und Co. anzusetzen. Warum? Weil die Aufdeckung der angeblichen Affäre zwischen Lafontaine und Sarah Wagenknecht auch politische Folgen hatte. Lafontaine mußte seiner Frau angeblich versprechen, sich aus Berlin zurückzuziehen, weil diese ihn aus den Klauen ihrer Rivalin lösen wollte.

Und Lafontaine hat monatelang den Wählern vorgegaukelt, er bemühe sich um ein Mandat in Berlin und eine führende Rolle als linker Oppositionsführer, obwohl er längst wußte, daß er den Fraktions- und den Parteivorsitz abgeben würde. Wieder jemand, der nicht ehrlich zu seinen Leuten war – aus persönlichen Gründen.
Solche Sachen gehören an die Öffentlichkeit. Der National Enquirer hat den Pulitzerpreis verdient.

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