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Armer Konrad Duden

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Konrad Duden würde sich im Grabe umdrehen: Die Einrichtung, die maßgeblich dazu beigetragen hat, sein Vermächtnis – die Einheitlichkeit der deutschen Rechtschreibung – zu zerstören, wird mit einem Preis ausgezeichnet, der seinen Namen trägt. Das Institut für deutsche Sprache (IDS) erhielt am 10. März von der Stadt Mannheim den mit 12.500 Euro dotierten Konrad-Duden-Preis.

Als das IDS 1964 gegründet wurde, entwickelte sich die mit Steuergeldern finanzierte Einrichtung schnell zu einer Anlaufstelle der Rechtschreibreformer. Sie wurde zur Propagandazentrale für eine Reform, die niemand brauchte und kaum einer wollte. 1977 gründete sich im IDS die „Kommission für Rechtschreibfragen“. 1987, zehn Jahre später, beauftragten KMK und Bundesinnenministerium das IDS und die „Gesellschaft für deutsche Sprache“ (GfdS), Vorschläge für eine Rechtschreibreform zu erarbeiten.

Der erste Entwurf von 1988 wurde vor der geplanten Veröffentlichung in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ abgedruckt. Er enthielt zum Beispiel: Heysesche s-Schreibung, Wegfall des „daß“ mit Eszett, Eindeutschung von Fremdwörtern („Träner“ statt „Trainer“), Trennung nach Sprechsilben. Insgesamt ein wesentlich weitergehender Entwurf als die spätere Reform von 1996.

Die Vorschläge wurden in der Öffentlichkeit mit Hohn und Spott aufgenommen und verschwanden zunächst in der Schublade statt im Papierkorb. So wurde nach den geheimen „Wiener Gesprächen“ von 1986 und 1991 das IDS im November 1991 abermals von den zuständigen staatlichen Stellen mit der Ausarbeitung eines Vorschlags beauftragt.

Zentrale der Rechtschreibreform

Ganz gleich, wie die Ausschüsse hießen oder heißen: ob „Kommission für Rechtschreibfragen“ (1977) oder „Zwischenstaatliche Kommission für die deutsche Rechtschreibung“ (1997) oder heute „Rat für deutsche Rechtschreibung“ (2004) – ihr Sitz war oder ist immer am Mannheimer IDS. Und dieses Institut, welches das Erbe Konrad Dudens verspielt hat, wird mit dem Konrad-Duden-Preis ausgezeichnet?

An dieser Merkwürdigkeit kam nicht einmal der Laudator Peter Eisenberg vorbei. Der Preisträger des Jahres 2008 durfte die Lobrede im Rittersaal des Mannheimer Schlosses halten. Eisenberg hatte mit seinen Kompromißvorschlägen verhindert, daß die Rechtschreibreform ganz zurückgenommen wurde. Der Retter der Rechtschreibreform ließ sich „die Gelegenheit nicht entgehen, an die … unrühmliche Rolle des Instituts bei der Erarbeitung und Umsetzung der Rechtschreibreform zu erinnern“, berichtete der Mannheimer Morgen am Tag nach der Preisverleihung.

Eisenberg lobt: „Das Institut unter seinem aktuellen Leiter ist heute so offen, wie es noch nie war. Es beteiligt sich an der öffentlichen Sprachdiskussion und bezieht Stellung, etwa wenn es um die Verwendung von Fremdwörtern geht oder um die Frage, ob die deutsche Sprache gefährdet ist.“ Diese Stellungnahmen kennen wir: Es sei alles nicht so schlimm, Sprache entwickle sich halt, da könne man nichts tun außer zuzuschauen, Fremdwörter bereichern uns doch.

Sprachverhunzer ehrt Sprachverhunzer mit Sprachpreis

Wer ehrt eine solche Einrichtung? Der Konrad-Duden-Preis wird auf Vorschlag eines Preisgerichts durch den Gemeinderat der Stadt Mannheim zuerkannt. Das Preisgericht tagt unter dem Vorsitz des Mannheimer Oberbürgermeisters Peter Kurz. Weil in der Stadt das IDS und die Duden-Redaktion beheimatet sind, nennt sie sich seit ein paar Jahren überheblich „Hauptstadt der deutschen Sprache“. Dieses vermeintliche Mekka unserer Muttersprache hat sich zum Beispiel eine Verwaltungsreform auf die Fahnen geschrieben, die den Namen „CHANGE²“ trägt. Die Bezeichnung leitet sich erklärtermaßen vom Wahlkampfmotto Barack Obamas ab.

„CHANGE²“ ist vor allem ein unglaubliches Wortgeschwurbel: „In sieben Punkten lässt sich die Strategie zusammenfassen und sie reicht von metropolitaner Urbanität bis zu Bildungsgerechtigkeit, von kreativer Clusterbildung in der Wirtschaftspolitik bis zu aktiver Teilhabe einer virulenten Bürgerkommune, von Toleranz bis zu Integration.“

Oder: „Eine zukunftsfähige Personalentwicklung lässt sich primär über Projekte wie Personalentwicklung und -beschaffung sowie Diversity-Management definieren, wurde jedoch bis dato durch weitere Projekte wie einen Code of Conduct für Führungskräfte und zeitgemäße Leitlinien zur Führung und Zusammenarbeit ergänzt.“

Na, das paßt ja, wenn der eine Sprachverhunzer dem anderen einen Sprachpreis gibt. Wie muß es aber um die deutsche Sprache bestellt sein, wenn sich die „Hauptstadt der deutschen Sprache“ der Amerikanisierung an den Hals wirft?

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