Daß Rußland keine Demokratie in dem Sinne ist, wie wir Westeuropäer es vielleicht gerne hätten, oder daß es wieder den Status einer Weltmacht anstrebt, ist kein Geheimnis. Doch nur wenige wissen, daß das Land eine Art Informationskrieg gegen seine Nachbarländer vorbereitet.
Darauf deutet nicht nur die „Nationale Sicherheitsstrategie bis 2020“ hin, die im Mai dieses Jahres veröffentlicht wurde, sondern auch das kürzlich erlassene Gesetz, nach dem das „Verfälschen“ der russischen Geschichte unter Strafe gestellt wird. Eine eigens zu diesem Zweck gegründete Kommission, die dem Präsidenten Dimitri Medwedjew unterstellt ist, soll die vermeintlichen Geschichtsentstellungen aufdecken – nämlich solche, die Rußland schaden könnten.
Nachbarländer unter ständiger Beobachtung
Somit sind also nicht nur die russische Presse und Geschichtsforschung unter der Kontrolle des Kreml, von nun an stehen auch die der Nachbarländer unter ständiger Beobachtung: Sagt beispielsweise die Geschichtskommission, eines dieser Länder habe sich im Zweiten Weltkrieg Kriegsverbrechen gegen Rußland zu Schulden kommen lassen, dann ist diese Feststellung quasi Gesetz.
Die Konsequenzen, etwa Entschädigungsforderungen, könnten vor allem für kleinere Länder verheerend sein. Ein Exempel: In Rußland heißt es immer noch, offiziell habe Finnland der Sowjetunion im November 1939 der Krieg erklärt.
Schlecht integrierte Minderheit als politische Waffe
Allerdings haben nicht nur die kleineren Länder den Zorn Rußlands zu fürchten, sondern auch Deutschland könnte davon etwas zu spüren bekommen. Denn zum sogenannten Informationskrieg gehört auch die strategische Nutzung der russischen Minderheiten weltweit: Diese sollen sich in ihren neuen Heimatländern nach dem Willen des Kreml politisch formieren.
Rußlands Strategie ist es, der Integration emigrierter Russen in den neuen Heimatländern entgegenzuwirken: Denn was ist heutzutage schon eine stärkere politische Waffe als eine schlecht integrierte, unzufriedene und schnell wachsende Minderheit? Damit hat Rußland bereits ein durchaus nützliches Druckmittel in den westlichen Ländern. Vor allem in den baltischen Staaten kann man sehen, wohin das führt. Erinnert sei an den Streit um ein sowjetisches Kriegerdenkmal in Estland.
Angst vor dem großen Nachbarn
Im Gegensatz zu den hiesigen Rußlandfreunden – auch im rechts-konservativen Lager – herrscht in Finnland eine immer noch anhaltende Angst vor dem großen Nachbarn und ehemaligen Feind. Was manchmal bis ins lächerliche Duckmäusertum ausartet, hat aber auch gute Seiten:
Die Politik und die Entwicklungen in Rußland werden genauestens und kritisch unter die Lupe genommen und in den Medien offen diskutiert. So etwa vor wenigen Wochen vom finnischen Journalisten Jarmo Mäkelä in seiner Kolumne im Magazin Apu, auf der dieser Text basiert.