„Wir machen das mit den Fähnchen!”. Das ist der Schlußsatz in einem derzeit populären Werbespot, in dem ein Bankvorstand darüber diskutiert, ob man den Kunden substantielle neue Qualität bieten soll, oder ob etwas Werbefirlefanz genügt. Beim Blick auf den nötigen Aufwand für die Verbesserung der Substanz entscheidet der Chef – für den Firlefanz.
Wenn es derzeit in Deutschland Streit um politische Grundsatzpositionen geht, dann spielen die Fähnchen auch immer eine große Rolle. Die einen schwenken israelische und neuerdings auch wieder vermehrt amerikanische Flaggen, um ihre Treue zur Demokratie und zum Westen zu demonstrieren. Die anderen geben sich gerne mal israelkritisch und antiamerikanisch, um so etwas wie Patriotismus und angeblich „nicht-umerzogenen” Nationalstolz zu simulieren.
Die Lust, sich am Fremden abzuarbeiten
Beiden Positionen gemeinsam ist die Lust, sich am Fremden abzuarbeiten, statt sich auf das zu stützen, was das Eigene ist. Einfache Symbole sind dabei gefragt, einfache Antworten, einfache Frontstellungen. Es tut ja schließlich gut, mal jemandem verbal ans Schienbein zu treten und sich dafür einer gewissen Milieuzustimmung zu erfreuen.
Dabei hat der Fähnchenwirbel dieser Art meistens eine skurrile Voraussetzung. Er pflegt die Legende, der Rechtsstaat und die demokratische Verfassung seien in Deutschland irgendwie ein Westimport oder eine bloße Folge der Niederlagen des 20. Jahrhunderts. Da wird dann beispielsweise das Zeigen der israelischen oder amerikanischen Flagge zu einer Bejahung der Befreiungsthese von 1945, die Kritik an aktueller israelischer Politik häufig aber zu einem Ausdruck, daß man es hierzulande innenpolitisch gern anders hätte.
Außenpolitisch wird das dann gerne auch einmal mit einem Liebäugeln in Richtung Putinscher Despotie und Kontinentalblock von Brest bis Wladiwostok verbunden. Letztlich sind dies alles Scheindebatten, die in erster Linie das in Deutschland derzeit fehlende politische Eigenbewußtsein sichtbar werden lassen. Die Substanz liegt jenseits der Fähnchen.