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Der BND und die Eichmann-Akten

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Der BND und die Eichmann-Akten

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Seit einigen Jahren bereits versucht die Journalistin Gabriele Weber Licht in das Dunkel jener Geheimdienstoperationen zu bringen, die zur Entführung des „Organisators der Endlösung“, Adolf Eichmann, nach Israel geführt haben.

Weber ist zu dem Ergebnis gekommen, daß Eichmann keineswegs durch den israelischen Geheimdienst Mossad in Argentinien dingfest gemacht worden sei. Auch die Motive seiner Entführung dürften ganz andere gewesen sein als bisher kolportiert: Eichmann sei nicht wegen seiner Rolle bei der „Endlösung“ entführt worden, sondern weil er – er war bei Mercedes-Benz Argentina angestellt – „zuviel wußte“.

Um ihre Thesen erhärten zu können, hatte die Journalistin ein verwaltungsgerichtliches Verfahren angestrengt, mit dem sie den Bundesnachrichtendienst (BND) zur Freigabe der Akten in der Causa Eichmann, die rund 3.400 Seiten umfassen sollen, zwingen wollte.

Übergeordnete Interessen der Bundesrepublik

Vor einigen Tagen wurde ihr nun, von der medialen Öffentlichkeit in Deutschland weitgehend unbeachtet, durch das dem BND übergeordnete Bundeskanzleramt beschieden, daß für die Akten eine Sperrerklärung abgegeben worden sei. „Übergeordnete Interessen der Bundesrepublik“, „Belange der Zusammenarbeit mit anderen ausländischen Stellen“ sowie „Informantenschutz“ und „Persönlichkeitsrechte“ stünden einer Vorlage entgegen.

Dieser Bescheid dürfte weitere Spekulationen darüber, was vor einem halben Jahrhundert in Argentinien tatsächlich vor sich gegangen ist, auslösen. Eines dürfte allerdings jetzt schon als „Fake“ betrachtet werden können: nämlich die Mossad-Legenden, die sich im Laufe der Jahrzehnte um die „Jagd auf Eichmann“ gerankt haben.

Weber versucht nachzuweisen (siehe hierzu insbesondere ihr Radio-Feature im SWR 2, 18. Januar 2007, 20.03 Uhr), daß Eichmann unter anderem durch William Mosetti entführt wurde. Mosetti, der auf der Lohnliste von Standard Oil (heute Exxon Mobil) stand, ließ sich von der US-Army zum Geheimdienstagenten ausbilden und wurde Ende der fünfziger Jahre von Daimler-Benz Argentina als Generaldirektor angeheuert. Er und andere Freiwillige sollen Eichmann an den Mossad übergeben haben. Nach einer anderen Version soll Eichmann, aus Argentinien ausgewiesen, über Brasilien nach Israel gelangt sein.

Viel Undurchsichtiges und Unerfreuliches

CIA-Akten, die 2006 freigegeben wurden, belegen, daß der Aufenthaltsort Eichmanns sowohl dem CIA als auch dem BND zwei Jahre vor seiner Ergreifung bekannt gewesen war. Auch entsprechende Hinweise des „Nazi-Jägers“ Simon Wiesenthal an den World Jewish Congress beziehungsweise den Mossad führten zunächst zu keinen Aktivitäten gegen Eichmann.

Welche Gründe gab es für dieses Desinteresse an Eichmann? Laut Weber wünschte Israel wohl vor allem wegen seiner nuklearen Aufrüstung, über die sich bis heute ausgeschwiegen wird (Israel ist eine unerklärte Atommacht), kein internationales Aufsehen.

Eichmann wurde ihrer Ansicht nach insbesondere wegen seines Insiderwissens unbequem. Dieses Insiderwissen begann er auszuplaudern, namentlich dem ehemaligen niederländischen SS-Offizier Willem Sassen gegenüber, der mit Eichmann ein Buchprojekt über dessen Zeit beim „Judenreferat“ des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) realisieren wollte.

Brisantes Detailwissen

Sassen bot dann Teile der Interviews, die er mit Eichmann führte, einem US-Magazin an. Eichmanns Redefluß drohte spätestens damit ehemaligen Kameraden aus der SS gefährlich zu werden, die zu diesem Zeitpunkt in bundesdeutschen Chefetagen saßen. Aber auch einen Hans Globke, Herausgeber der „Nürnberger Rassegesetze“, hätten laut Weber Eichmanns Offenbarungen empfindlich treffen können.

Nicht zuletzt hatte Eichmann wohl auch Detailwissen über die lange in den Krieg hineinreichende Zusammenarbeit des US-Unternehmens Standard Oil mit NS-Deutschland. (Auf diese Zusammenarbeit hatte im übrigen ausführlich bereits der US-Historiker Anthony C. Sutton 1976 in seinem [nicht ins Deutsche übersetzten] Buch „Wall Street an the Rise of Hitler“ hingewiesen.) Eichmann war bis 1933 fünf Jahre in den Diensten von Standard Oil gestanden. Er soll des weiteren auch Näheres über den Verbleib von NS-Gold gewußt beziehungsweise darüber verfügt haben.

Eichmann umgab eine „dunkle Aureole“

Wilfried von Oven, ehemaliger Pressereferent von Goebbels, bestätigte in den neunziger Jahren die Distanz, die gegenüber Eichmann gehalten wurde: „Daß da offenbar sehr viel Undurchsichtiges und Unerfreuliches in der Atmosphäre von Eichmann passiert ist, das ist uns allen damals klar gewesen. Er hat ohne Frage Dinge getan, die wir als Nationalsozialisten nicht billigen konnten. Ich meine insbesondere seine Zusammenarbeit mit den damaligen israelischen oder prä-israelischen Organisationen. Es war eine gewisse dunkle Aureole um ihn“ (Zitat aus dem SWR-2-Feature von Gabriele Weber).

Offensichtlich gab es viele Gründe, weshalb Eichmann zum Schweigen gebracht werden mußte. Dabei spielten seine Aktivitäten im Zusammenhang mit der „Endlösung“ bemerkenswerterweise wohl nur eine marginale Rolle.

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