Tatsächlich habe ich selbst als Schüler Mitte der 1980er Jahre kurz damit geliebäugelt, den Wehrdienst zu verweigern. Aus politischen Gründen. Als Deutscher auf Deutsche schießen? Mein Geschichtslehrer, Reserveoffizier und CDU-Mitglied, lief rot an, als ich den unsere Klasse besuchenden Jugendoffizier fragte: „Wie können Sie es mit Ihrem Eid, das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, vereinbaren, im Ernstfall auf Deutsche zu schießen?“ Wütend forderte mich mein Lehrer auf: „Dieter, was heißt ‘Unconditional surrender’ auf deutsch?“ Ein großer Teil meiner Klassenkameraden verweigerte aus pazifistischen Gründen.
Heute erleben wir ein erneutes Aufflammen der Debatte um den Sinn der Wehrpflicht, den Sinn des Dienstes in der Armee. In Westdeutschland war schon die Aufstellung der Bundeswehr überschattet von einem hitzigen Streit, die „Ohne mich“-Fraktion hatte zumindest unter Intellektuellen großes Gewicht. Im Rahmen einer hybriden Auseinandersetzung mobilisierte damals massiv die Sowjetunion und ihr Satellit DDR mittels ihres politischen Vorfeldes dagegen. Nichts Neues also.
Die Bundeswehr konnte sich dennoch auf eine große Akzeptanz in der normalen Bevölkerung stützen. Die Reserve im linken Milieu, den Intellektuellen blieb erhalten. Bis heute. Deshalb ist es schizophren, wenn ausgerechnet Grünen-Politiker sich aktuell mit Verve für die Armee stark machen. Verlogen, weil hinter dieser Fassade nirgendwo der Grad an Verweigerern und Gegnern einer nationalen Interessenpolitik so hoch ist wie in diesem Milieu.
Der Dienst an der Nation bleibt unverzichtbar
Daß aktuell nicht nur von Linksaußen im Rahmen der Schülerstreiks, sondern auch von rechts pazifistische und „Ohne mich“-Töne laut werden, ist erstaunlich. Insbesondere wenn dies aus einem Teil – nicht der Mehrheit – der AfD erfolgt (JF berichtete), ist das in bezug auf die Haltung zum Staat erklärungsbedüftig. Eine Rolle mögen Schikanen spielen, die AfD-Mitglieder in der Bundeswehr erfahren. Auch die Frage eines hypothetischen Auslandseinsatzes nach einem Waffenstillstand in der Ukraine, bei dem Wehrpflichtige indes ohnehin nicht aktiviert werden.
Doch am Ende sollte der Dienst für das Vaterland als Aufruf begriffen werden, der für eine Nation essentiell ist. Der Eid wird auf Staat und Volk geleistet, nicht auf eine Regierung, deren Politik man ablehnen kann.
Ich habe meinen Wehrdienst übrigens natürlich doch geleistet. 1988/89 in Lüneburg. Ich war stolz, als mein bereits fortgeschritten erkrankter Vater, Berufssoldat, als Oberstleutnant in Uniform und derselben goldgelben Waffenfarbe der Panzeraufklärer zu meiner Vereidigung erschien. Die Entlassung erfolgte sechs Wochen vor dem ersehnten Fall der Berliner Mauer.





