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Verfassungsschutz-Affäre: Eine große Blamage

Verfassungsschutz-Affäre: Eine große Blamage

Verfassungsschutz-Affäre: Eine große Blamage

Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang (l.) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU)
Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang (l.) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU)
Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang (l.) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Foto: picture alliance/dpa/dpa Pool | Wolfgang Kumm
Verfassungsschutz-Affäre
 

Eine große Blamage

Als völliges Fiasko stellt sich derzeit die Strategie des Bundesinnenministeriums dar, die AfD mit Hilfe des Verfassungsschutzes im politischen Wettbewerb massiv zu beschädigen. Minister Horst Seehofer und Behördenchef Thomas Haldenwang hätten längst ihren Hut nehmen müssen. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein.
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Als völliges Fiasko stellt sich derzeit die Strategie des Bundesinnenministeriums dar, die AfD mit Hilfe des Verfassungsschutzes kurzfristig noch vor den anstehenden Landtagswahlen und der Bundestagswahl im politischen Wettbewerb massiv zu beschädigen. In der vergangenen Woche fällte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang, den Horst Seehofer anstelle des widerborstigen, weil unabhängigeren Hans-Georg Maaßen Ende 2018 gesetzt hatte, die Entscheidung, die größte Oppositionspartei im Bundestag als „Verdachtsfall“ beobachten zu lassen.

Es ist Haldenwangs Verantwortung, daß diese Entscheidung offensichtlich absichtlich an Medien durchgestochen wurde. Keine 48 Stunden später folgte dafür eine schallende Ohrfeige durch das Verwaltungsgericht Köln. Dort sind mehrere Eilverfahren der AfD gegen die Verfassungsschutzbehörde anhängig, um die Verdachtsberichterstattung und Beobachtung abzuwenden.

Immerhin: Der Rechtsstaat funktioniert

Die Verwaltungsrichter untersagten in ihrem Beschluß dem Verfassungsschutz nicht nur, die AfD – bis zur Entscheidung in der Hauptsache – zu beobachten. Sie kritisierten in außergewöhnlicher Schärfe die Behörde, mit dem „Durchstechen“ an die Medien in die „Entscheidungskompetenz“ der Gerichte, auf gut deutsch in die Gewaltenteilung, eingegriffen und die „Vertrauensgrundlage … nunmehr zerstört“ zu haben.

Was wäre wohl medial los, wenn Orbáns Ungarn oder das rechtskonservativ regierte Polen die größte demokratische Oppositionspartei durch den Inlandsgeheimdienst derart drangsalieren und das Innenministerium in die Kompetenz von Gerichten eingreifen würde? Immerhin: Der Rechtsstaat funktioniert. Das zeigt der Beschluß. Die Richter monieren, daß mit dem rechtswidrigen Vorgehen des Verfassungsschutzes in die „Chancengleichheit politischer Parteien eingegriffen“ wird. Ein schwerer Vorwurf. Danach hätten Seehofer und Haldenwang längst ihren Hut nehmen müssen.

Die Hauptarbeit steht der AfD noch bevor

Dies ist nicht nur eine Lehrstunde für Innenminister, sondern auch für diejenigen innerhalb der AfD, die es als sinnlos erklärt hatten, sich überhaupt ernsthaft juristisch gegen den Verfassungsschutz zu wehren. Hier zeigt sich, daß sich eine kompetente, konzertierte juristische Gegenwehr auszahlt.

Die Hauptarbeit steht der AfD noch bevor: Die Innenministerien werden nicht lockerlassen, die Ächtung der AfD mit allen Mitteln weiter voranzutreiben. Am 1.000 Seiten umfassenden Gutachten des Verfassungsschutzes, das regierungsfreundlichen Medien schon vorliegen soll, werden die Juristen der AfD zu knabbern haben. Das ganze Verfahren ist eine riesige Materialschlacht, die einen langen Atem erfordert.

Die aktuell steigenden Umfragewerte für die AfD könnten darauf hinweisen, daß sich die Wähler auf die unfaire Praxis der Innenminister durchaus ihren Reim zu machen wissen.

JF 11/21

Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang (l.) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Foto: picture alliance/dpa/dpa Pool | Wolfgang Kumm
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