War das eine schöne Inszenierung auf dem jüngsten Bundesparteitag der Grünen in Bielefeld: Robert Habeck in schwarzer Jeans und schwarzem Hemd, Katrin Göring-Eckardt in einem roten, Annalena Baerbock in einem gelben Kleid gemeinsam auf der Bühne. Schwarz-Rot-Gold. Versöhnung mit dem eigenen Land, angekommen in der Mitte. Und dann die Traumergebnisse: 97 Prozent für Baerbock, 90 Prozent für Habeck. Phantastisch.
Demgegenüber könnte der CDU-Bundesparteitag am kommenden Wochenende in Leipzig weniger harmonisch werden. Die Erleichterung, die Merkels Rückzug vom Chefposten vor einem Jahr ausgelöst hatte, wich längst Ernüchterung. Annegret Kramp-Karrenbauer zerreibt sich in der Doppelfunktion aus Parteichef und Verteidigungsministerin, dem brisantesten Schleudersitz, den das Kabinett zu bieten hat.
Es drohen Superharmonie und Applausrekorde
Kurz nach den jüngsten Landtagswahlen spitzte der verhinderte Vorsitzende der Herzen, Friedrich Merz, noch einmal die Lippen. „Grottenschlecht“ sei das Bild der Großen Koalition, Hauptschuld habe seine Lieblingsfeindin Merkel. Sie stehe „im Mittelpunkt der Kritik“, ihre „Untätigkeit und mangelnde Führung“ sei für die Krise verantwortlich. Den 64jährigen Sauerländer juckt es in den Fingern, noch einmal am Tor des Kanzleramts zu rütteln.
Doch wird Merz immer leiser, je näher der Parteitag rückt. Auf dem Landestag der Jungen Union in Baden-Württemberg, bei dem ihn „Kanzler, Kanzler!“-Rufe begleiten, flötete er, er habe nur „Anmerkungen zu Sachfragen gemacht“ und dämpft alle Erwartungen auf neues Kräftemessen. Es drohen somit doch Superharmonie und neue Applausrekorde.
Offensichtlich tobt zwischen Grünen und CDU eine Schlacht, wer künftig die „Mitte“ der Republik erfolgreicher besetzt. „Mitte“ heißt Macht. So wie die Grünen sich konsensfähiger und kuscheliger positionieren, so wollen die Strategen des Adenauerhauses die CDU im Windkanal noch einmal klimafreundlicher, genderkorrekter, urbaner, diverser und „moderner“ trimmen.
Die Hochzeitsglocken läuten schon lange für Schwarz-Grün
Ihren Koalitionspartner SPD hat die CDU in der GroKo durch immer festere Umarmung tödlich erstickt. Ob sich das mit den Grünen so einfach wiederholen läßt oder ganz anders ausgeht? Die CDU wurde in Baden-Württemberg als Juniorpartner bereits zum Schoßhund der Grünen degradiert.
Dem versucht die CSU gerade krampfhaft entgegenzuwirken: Die Grünen seien „die neue Linkspartei des Westens“, es drohten „grüne Umerziehungsorgien“, „nicht koalitionsfähig“, zetert CSU-General Markus Blume. Netter Versuch. Die Hochzeitsglocken läuten schon lange für Schwarz-Grün. Die CDU steht in einem Zwei-Fronten-Krieg zwischen den Grünen und deren eigentlichen Gegenspielern, der AfD. Und mit Schwarz-Grün reißt die Front nach rechts immer weiter auf.
JF 48/19