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Streiflicht: Ein schlesisches Drama

Streiflicht: Ein schlesisches Drama

Streiflicht: Ein schlesisches Drama

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Streiflicht
 

Ein schlesisches Drama

Was als historische Tragödie begann, endet als peinliche Farce. Zu diesem Schluß kommt, wer die eskalierende Affäre um die Landsmannschaft Schlesien im Bund der Vertriebenen (BdV) verfolgt. Ein Kommentar von JF-Chefredakteur Dieter Stein
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Pawelka
Der Vorsitzende der Landsmannschaft Schlesien, Rudi Pawelka Foto: picture alliance/dpa

Was als historische Tragödie begann, endet als peinliche Farce. Zu diesem Schluß kommt, wer die eskalierende Affäre um die Landsmannschaft Schlesien im Bund der Vertriebenen (BdV) verfolgt. Der neuste Hammer: Der Landsmannschaft wurde in der vergangenen Woche vom „Haus Schlesien“ in Königswinter bei Bonn die Mietverträge für ihre Bundesgeschäftsstelle gekündigt, fristlos. Das Haus, einst von der Landsmannschaft begründet, fürchte um sein „Erscheinungsbild“.

Zwölf Millionen Deutsche wurden aus den ostdeutschen  Gebieten brutal vertrieben, zwei Millionen kamen ums Leben. Sie verhungerten auf Todesmärschen, wurden vergewaltigt und ermordet. Für uns Nachgeborene verbergen sich dahinter kaum faßbare Schicksale. Die Millionen Vertriebenen landeten überwiegend in den westdeutschen Besatzungszonen und der späteren Bundesrepublik. Ihre Eingliederung ist eine historische Leistung. Sie gelang so reibungslos, daß die Erinnerung an die Vertreibung völlig zu verschwinden droht.

Pawelkas Rede war differenziert

Die noch jährlich stattfindenden Bundestreffen der Landsmannschaften, noch in den achtziger Jahren teils über Hunderttausend Teilnehmer zählend, sind heute zusammengeschrumpft auf nur noch einige tausend Teilnehmer. Beim Treffen der Landsmannschaft Schlesien am 23. Juni in Hannover waren es noch 5.000. Eine Rede, die der Vorsitzende der Landsmannschaft, Rudi Pawelka, dort hielt, wurde von Politikern und Medien zum Skandal stilisiert.

Der Landespolitikern zugespielte Redetext wurde von Innenminister Boris Pistorius (SPD) und Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) zum Anlaß genommen, ihre Teilnahme am Schlesiertreffen „empört“ abzusagen. Sie sei „antipolnisch“, hieß es. Wer die Rede, die diese Zeitung auf ihrer Internetseite dokumentiert hat, tatsächlich liest, stellt fest, daß sie differenziert gehalten ist, die Versöhnung der Vertriebenen mit den Vertreiberstaaten, darunter Polen, würdigt.

Pawelka mahnt aber an, die Erinnerung wachzuhalten. Und er stellt fest, was offenbar als Unbotmäßigkeit betrachtet wird, daß von polnischer Seite bis heute eine Entschuldigung aussteht, zu der sich Ungarn, Rumänien und Serbien bereits durchgerungen haben.

Kapitualtion vor dem Zeitgeist

Wie jetzt bekannt wurde, ist Pawelka, selbst CDU-Mitglied, von anderen CDU-Mitgliedern im Vorstand der Landsmannschaft unter Druck gesetzt worden, seine Rede politisch zu entschärfen. Die Rede sollte vom Innenministerium regelrecht „abgesegnet“ werden. Wiederholt wurden mit dem Entzug staatlicher Unterstützungszahlungen gedroht, wenn sich der Vertriebenenchef nicht gefügig zeige.

Da Pawelka standhaft blieb und seine Rede hielt, rächten sich seine Gegner nun mit der Kündigung durch das „Haus Schlesien“. Es sind immer mickrigere Latifundien, für die manche BdV-Funktionäre bereit sind, vor dem Zeitgeist zu kapitulieren. Eine Schande.

JF 28/13

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