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Rentenpolitik: Mal wieder ein echter Fratzscher

Rentenpolitik: Mal wieder ein echter Fratzscher

Rentenpolitik: Mal wieder ein echter Fratzscher

Der Chefökonom des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher: Sein Vorschlag soll den jährlichen Rentenzuwachs bei höheren Einkommen bremsen. (Themenbild/Collage)
Der Chefökonom des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher: Sein Vorschlag soll den jährlichen Rentenzuwachs bei höheren Einkommen bremsen. (Themenbild/Collage)
Der Chefökonom des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher: Sein Vorschlag soll den jährlichen Rentenzuwachs bei höheren Einkommen bremsen. Foto: picture alliance / Metodi Popow | M. Popow
Rentenpolitik
 

Mal wieder ein echter Fratzscher

Nach dem „Boomer-Soli“ meldet sich Marcel Fratzscher wieder mit einer Renten-Reformidee zu Wort. Und wieder fällt sein Vorschlag bestenfalls komplett unüberlegt aus. Ein Kommentar von Ulrich van Suntum.
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Marcel Fratzscher hat wieder zugeschlagen: Anstelle der prozentualen Rentenerhöhung solle es bis 2031 jährlich für jeden Rentner einheitlich 50 Euro im Monat mehr geben. Davon würden die Bezieher kleiner Renten profitieren, während höhere Renten prozentual weniger stark steigen würden. Bekannt ist dieses Vorgehen aus den sogenannten Sockelbeträgen bei Tariferhöhungen. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) will so die Altersarmut bekämpfen. Die Mehrkosten bei den kleinen Renten würden durch die Einsparungen bei den höheren Renten ausgeglichen. Berechnungen dazu stehen allerdings noch aus, ein typischer Schnellschuß à la „Boomer-Soli“ also erst einmal.

Auch grundsätzlich geht der Berliner DIW-Professor fehl. So sind zum Beispiel längst nicht alle Kleinrentenbezieher in der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) wirklich arm. Die Ehefrau eines gutsituierten Pensionärs etwa, die in ihrem Leben nur wenige Jahre gearbeitet hat und daraus eine kleine Rente erhält, braucht die 50 Euro nicht. Das gleiche gilt in der Regel für Selbständige und Freiberufler, die aus einer früheren Angestelltentätigkeit oft ebenfalls ein paar Rentenpunkte erworben haben.

Die Grundrente wird nur bei Bedürftigkeit gewährt

Viele haben auch zusätzlich zu ihrer vielleicht nur geringen GRV-Rente eine gute betriebliche oder private Altersvorsorge oder geerbtes Wohneigentum. Der TV-Moderator Thomas Gottschalk wurde zum 70. Geburtstag im Handelsblatt konkret: Er bekomme für seine frühere Festanstellung beim Bayerischen Rundfunk 915,79 Euro – erst durch „Wetten, daß..?“ und diverse Werbeverträge habe er finanziell richtig ausgesorgt. Sie alle gehen in die Statistik als arme Rentner ein, sind es aber gar nicht. Fratzschers Vorschlag berücksichtigt dies nicht und würde daher Geld für Nichtbedürftige hinauswerfen.

Aber selbst wer tatsächlich nur eine Minirente bezieht, muß deswegen keineswegs am Hungertuch nagen. Dafür gibt es schließlich eine gut ausgebaute Grundsicherung und zudem seit 2021 zusätzlich auch noch eine Grundrente. Das ist ein Zuschlag für kleine Renten, der im Durchschnitt bei 92 Euro liegt und im Einzelfall bis zu 481 Euro im Monat betragen kann.

Im Gegensatz zu Fratzschers 50-Euro-Idee wird die Grundrente aber nur bei Bedürftigkeit gewährt und aus Steuermitteln finanziert. Beides ist sinnvoll, denn warum sollen allein die GRV-Beitragszahler für eine soziale Umverteilung aufkommen, die dann außerdem auch noch oft die Falschen begünstigt?

Fratzschers Idee ist nicht nachhaltig

Statt Fratzschers unausgegorenem Vorschlag zu folgen, sollte man deshalb lieber die Grundrente reformieren. So setzt diese zum Beispiel voraus, daß mindestens 33 Jahre lang Rentenbeiträge gezahlt wurden. Dadurch fallen viele durch das Raster, während andererseits die Höhe der gezahlten Beiträge unberücksichtigt bleibt. Besser und einfacher wäre es, selbst erworbene Rentenansprüche bei der Grundsicherung nicht bzw. nur teilweise abzuziehen. Zum Beispiel könnten 100 Euro gänzlich anrechnungsfrei bleiben, höhere Renten dagegen nur teilweise. Ab einer Rente von zum Beispiel 1.500 Euro würde ein Alleinstehender dann gar keine Sozialhilfe mehr erhalten.

Damit lohnt sich der Erwerb von Rentenpunkten auch für eine kleine Rente, während zugleich die Altersarmut sinkt. Renten und Pensionen könnten dafür in Zukunft nur noch mit der Inflationsrate statt mit dem Lohnniveau steigen. Das wäre systemkonformer, effektiver und nachhaltiger als Fratzschers Idee.

Aus der JF-Ausgabe 50/25.

Der Chefökonom des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher: Sein Vorschlag soll den jährlichen Rentenzuwachs bei höheren Einkommen bremsen. Foto: picture alliance / Metodi Popow | M. Popow
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