Vorhang auf – die Inszenierung der Farce „Migrationsgipfel im Kanzleramt“ folgte einem Regiekonzept, das auf der Berliner Polit-Bühne seit Corona-Zeiten nur allzu vertraut ist: Mächtig sich steigernder Theaterdonner im Vorlauf – dicke Thesenpapiere vom Kanzler und von den Ministerpräsidenten, Raunen gar über den bevorstehenden Bruch mit dem Merkelschen Willkommensputsch. Am Tag der Aufführung dann theatralische Verspätungen und Kunstpausen, dramatische Sitzungsverlängerungen bis tief in die Nacht. Und was kommt dabei heraus? Ein unlesbares 16-Seiten-Konvolut voll vager Versprechungen und verlogener Absichtserklärungen mit der kaum verschleierten zentralen Botschaft: Wir lassen es weiter laufen, und ihr dürft noch mehr dafür bezahlen. Vorhang wieder zu, und alle Fragen bleiben offen.
Die Ampel merkelt sich weiter durch die Migrationskrise. Beim mit großem Brimborium in Szene gesetzten „Flüchtlingsgipfel“ konnte nichts herauskommen, weil nichts dabei herauskommen sollte. Denn alle Beteiligten haben sich mehr oder weniger stillschweigend dem Dogma unterworfen, daß der Migrantenansturm auf den deutschen Sozialstaat nicht aufzuhalten sein soll. Es soll lediglich anders administriert, etikettiert und finanziert werden, was die Verantwortlichen schon längst nicht mehr im Griff haben. Das ist zunächst und vor allem Verrat an den Städten und Kommunen im Land, an den Bürgermeistern und Landräten, die am unteren Ende der fiskalischen Nahrungskette auszubaden haben, was eine von jeder Realität abgehobene Polit-Blase in Gang gesetzt hat.
Einhunderttausend Erstanträge in vier Monaten
Die Grenzen der Belastbarkeit sind schon lange überschritten. Seit der Merkelschen Schleusenöffnung haben Deutschlands Kommunen und Sozialsysteme mehrere Millionen Asyl- und Sozialmigranten aufnehmen müssen. Das Gros ist direkt in die staatliche Alimentierung eingewandert und wird diese auch nicht mehr verlassen. Die eine Million ukrainischer Kriegsflüchtlinge, die direkten Zugang zu allen Sozialleistungen erhalten, sind in dieser Rechnung noch gar nicht enthalten.
Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl der neuen Asylzuwanderer um achtzig Prozent gestiegen. In nur vier Monaten wurden seit Januar einhunderttausend Erstanträge auf Asyl gestellt – eine ganze Großstadt, die untergebracht, alimentiert, versorgt und von Profiteuren der munter wachsenden Sozialindustrie betreut werden soll.
Die zusätzliche „Flüchtlingspauschale“ in Höhe von einer Milliarde Euro, die der Bund den Ländern als einziges konkretes Ergebnis dieser Gipfelscharade in Aussicht gestellt hat, ist angesichts dieser Dimensionen nicht einmal der vielzitierte Tropfen auf den heißen Stein. Aber auch ein Vielfaches dieser Summe wäre nicht die Lösung, sondern allenfalls ein Expreßfahrschein in den noch schnelleren Ruin von Sozialstaat und öffentlichen Finanzen.
Mehr Steuergeld beseitigt keine Parallelgesellschaften
Woher der zusätzliche Wohnraum für die im Viermonatstakt zu beherbergenden neu eingewanderten Großstädte kommen soll, wenn der Bausektor unter dem Druck von Klimawahn, Inflation und Regulierungsbürokratie faktisch zum Erliegen kommt, ist damit auch noch nicht beantwortet.
Den Bürgern kann es ohnehin gleichgültig sein, ob nun „der Bund“ oder „die Länder“ zusätzliche Milliarden zur Finanzierung der Massenmigration mobilisieren. Es sind immer ihre Taschen, in die die unterschiedlichen gierigen Hände greifen. Bei den staatlichen Umverteilungsorgien müssen sie sich schon länger hinten anstellen. Gegen die bedenkenlos mit dem Geld anderer Höchstpreise zahlenden öffentlichen Träger haben sie auf dem leergefegten Wohnungsmarkt kaum eine Chance, und wer noch Immobilien besitzt, dem droht die Enteignung durch Habecks Heizungsverbot.
Mehr Steuergeld beseitigt zudem weder die zerrütteten Parallelgesellschaften noch die desolaten Zustände an den Schulen, es macht aus kulturfremden, an „Integration“ desinteressierten Analphabeten keine „Fachkräfte“ und gibt den Bürgern auch nicht die verlorengegangene Sicherheit im öffentlichen Raum zurück.
Deutschland ist Hauptzielland
Jedenfalls nicht, solange Ampelparteien und Union, die in Bund und Ländern die politische Verantwortung tragen, den Kern der Migrationskrise ins Visier nehmen: die schrankenlose irreguläre Migration und die vielfältigen Einladungssignale, die Deutschland zum Hauptzielland für Asyl- und Sozialmigration nach Europa gemacht haben.
Nicht daß den Teilnehmern des „Migrationsgipfels“ das nicht bekannt gewesen wäre. Einige mutige Bürgermeister und Landräte, die sich vor den konkreten Problemen an ihrer Haustüre nicht in ideologische Seifenblasen flüchten können, haben es ja einigermaßen deutlich ausgesprochen.
Das wortreiche Gipfelpapier hat dafür indes nur Beruhigungspillen und nichtssagende Beschwichtigungen übrig. Es stellt erweiterte Abschiebungsmöglichkeiten in Aussicht – man kann sie getrost ins Regal zu den übrigen nie umgesetzten „Rückführungsoffensiven“ stellen. Aufwendige Schleierfahndungen in Grenzgebieten und in Erwägung gezogene intensivere Grenzkontrollen helfen wenig, solange die eingesetzten Beamten über illegale Grenzübertritte nur Protokoll führen, aber niemanden zurückweisen können.
Auf Migrationsanreize wird nicht verzichtet
„Europäische“ Lösungen sind Zukunftsmusik; an den deutschen Grenzen und in der deutschen Gesetzgebung wird entschieden, ob Deutschland Paradies und Magnet für Sozialmigranten aus aller Welt bleibt. Innenministerin Nancy Faeser denkt aber gar nicht daran, auf die von ihr angestoßenen zusätzlichen Migrationsanreize – leichterer Zugang zu Aufenthalt, Einbürgerung und Sozialleistungen – zu verzichten. Was sonst noch an theoretischen Restriktionen im Raum steht, werden die grünen Klientelpolitiker und Hypermoralisten zu verhindern wissen.
Statt illegale Migration zu beschränken, will die Ampel-Regierung sie durch Legalisierung wegdefinieren. Ankündigungen, Arbeitskreise und Ausgabenprogramme sollen den Unmut im Volk dämpfen und es in die Resignation treiben. Abgewendet ist der moralische und finanzielle Bankrott damit nicht – er ist nur aufgeschoben.