Jan Böhmermann galt vielen in Deutschland lange als der neue Harald Schmidt. Heute steht der Moderator mit seiner Sendung für alles, was der Übervater der deutschsprachigen Late Night Show nie war oder sein sollte. Der einstige Sidekick des großen Meisters wird diese Metamorphose in der öffentlichen Wahrnehmung inzwischen wohl als Kompliment und einen seiner größten persönliche Erfolge verbuchen. Der linkspolitische Entertainer hat die vergangenen Jahre alles daran gesetzt, sich von der Vergangenheit freizumachen. Nicht nur persönlich, sondern auch ganz allgemein.
Wäre Böhmermann dumm oder schlicht verrückt, könnte man ihm nicht böse sein. Allein, er ist weder das eine noch das andere. Alles, was er tut, macht er bewußt.
Schmidt erkannte Böhmermanns destruktives Potential
Wen Böhmermann in Visier nimmt, den will er zur Strecke bringen. Seine Pointen zielen nicht auf das Humor-Verständnis seiner woken Fans ab. Ihm ist klar, daß er damit ins Leere stoßen würde. Woran er anknüpft, ist die unbarmherzige Freude an der sozialen Vernichtung aller, die nicht Teil seiner ideologisch motivierten Lach- und Schießgesellschaft sind. Der ZDF-Moderator weiß um seine Macht – und er genießt sie mit sichtlicher innerer Befriedigung.
Ohne Zweifel ist er sich klar, daß er zum Erhalt seiner neugewonnen Macht unbedingt die niemals abflachende Aufmerksamkeit der deutschen Medienöffentlichkeit braucht. Wie man das erreicht, hat der 41jährige schon früh gelernt. Sein früherer Chef Harald Schmidt bilanzierte, was den heutigen Star groß gemacht hat, einmal so: „Ich wußte schon früh, daß es Böhmermann als Moderator nie schaffen würde, aber daß er es als Krawallschachtel sehr weit bringen würde, wußte ich auch.“
Böhmermanns steile Thesen
Ein Paradebeispiel für diese Erfolgsformel liefert Böhmermann in der jüngsten Ausgabe seines „ZDF Magazin Royale“ ab. Dort knöpft sich der Journalist der woken Schule sogenannte Transfeinde vor. In der öffentlich-rechtlichen „Infotainment“ Show behauptet die als Moderator gescheiterte Krawallschachtel, es gäbe wissenschaftlich nachgewiesenermaßen mehr als zwei biologische Geschlechter. Alle, die etwas anderes behaupten, seien schlicht: „Trottel“, „Terfs“, „Nazis“ oder „Arschlöcher“.
Zum Beweis für seine steilen Thesen zitiert Böhmermann lauter Leute, die seiner Meinung sind. Die Argumente der „Transfeinde“, wie Birgit Kelle oder Alice Schwarzer, die Angst vieler echter Frauen davor, daß sie demnächst von Männern, die behaupten, sich als weiblich zu identifizieren, in Umkleidekabinen und auf Damentoiletten sexuell belästigt werden könnten, läßt der weiße, mittelalte Mann vom ZDF nicht gelten. Schließlich seien „Transfrauen“ auch Frauen.
Außerdem würden Frauen auch jetzt schon überall belästigt, vor allem in der eigenen Familie. Da kommt es doch nicht drauf an, wenn das künftig auch noch in der Umkleide oder auf der Toilette passiert. Daß Männer das von der Bundesregierung geplante „Selbstbestimmungsgesetz“ zu derart niedrigen Zwecken ausnutzen könnten, hält Böhmermann aber sowieso für ziemlich unwahrscheinlich. „Haben Sie sich schon mal die Schlangen vor dem Frauenklo angeschaut? Wer würde sich da denn bitteschön schon freiwillig anstellen?“, so die Argumentation des TV-Krawallos.
Böhmermann beherrscht Propaganda-Techniken
Muß man wirklich Angst haben, daß sich das Publikum von so etwas überzeugen läßt? So traurig es klingt, leider ja. Denn auch wenn die woken Witzchen des linken Stefan Raabs für Kassenpatienten hier niedergeschrieben so dümmlich wirken mögen, wie sie es tatsächlich sind, schafft der kulturmarxistische Agitator es doch, sie in seiner Sendung verdammt unterhaltsam rüberzubringen. Wenn viele es auch nicht zugeben wollen, Böhmermann hat sein Handwerk gelernt und ist in geradezu gefährlichem Maße talentiert.
Zudem beherrscht er das uralte Propaganda-Mittel der langsamen Steigerung. Wie das Wahlprogramm einer extremistischen Partei, fängt seine woke Show ganz harmlos an. Mit Dingen, auf die sich alle vernünftigen Menschen einigen können. Auf ein paar verbindende Witze über Modern Talking und Oliver Pocher folgen Informationen über das alte Transsexuellengesetz. Vor allem über die Passagen, die es in der Vergangenheit einmal enthalten hat, die in der Tat mit einigem Recht als ziemlich menschenfeindlich bezeichnet werden können. So wird man in Deutschland heute wohl kaum noch jemanden finden, der für „Transmenschen“ eine „Zwangssterilisation“ fordern wird.
Das weiß auch Böhmermann; obgleich er die Bundesrepublik in seinem Plädoyer für das neue Selbstbestimmungsgesetz der Regierung, für das er im ZDF über 20 Minuten lang die Werbetrommel rührt, als „das Katar Mitteleuropas“ bezeichnet. Daran knüpft der Experte für linkspopulistisches Polit-Marketing an und fragt: „Wer kann schon etwas gegen Selbstbestimmung haben?“
Zuschauer wird mit Halbwahrheiten überrumpelt
Daran, daß er selbst noch vor wenigen Wochen zu den lautstärksten Befürwortern aller Freiheitseinschränkungen während der Corona-Zeit gehörte, sie ihm gar noch nicht restriktiv genug waren, scheint der Ober-Autoritäre der linken Twitterblase in diesem Moment nicht den Hauch eines Gedankens zu verschwenden. Stattdessen schiebt er ganz schnell die Antwort auf seine eigene Frage hinterher, indem er die „AfD-Nazis“ aus dem Bundestag einspielt. Die hatten es als Oppositionelle gewagt, der Bundesregierung zu widersprechen.
Die bömermannsche Argumentationskette ist immer dieselbe: Ein paar leichte Scherze für alle zum Einstieg, dann eine bunte Mischung aus echten Fakten, Halbwahrheiten und als Fakten getarnten Meinungen; dazwischen immer wieder Einwürfe aus dem juristischen Graubereich zwischen Satire, Schmähkritik und Beleidigung. All das folgt so schnell aufeinander, daß der Zuschauer nicht dazu kommt, selbst nachzudenken oder das Gehörte zu hinterfragen. Seine ADHS-hafte Hippeligkeit nutzt der Entertainer und Haltungs-Journalist zur Beschleunigung seiner „Aufklärungsbeiträge“.
So schafft es der politische Überzeugungstäter, seine Schwächen zur stilistischen Stärke zu machen, mit der es ihm gelingt, auch den schwerverkäuflichsten alten Ladenhüter aus dem Angebot des Kulturmarxismus noch als frische und progressive Idee zu verkaufen. Ob es einem gefällt oder nicht, Jan Böhmermann ist der Beste, in dem was er tut.