Eines steht jetzt schon fest: Der große Wahlverlierer der Bundestagswahl ist die Union. Mit rund 24-25 Prozent für die CDU/CSU unterbot Kanzlerkandidat und Parteichef Armin Laschet das historisch schlechteste Wahlergebnis von 1949 noch einmal deutlich und liegt hinter der SPD. Dieses katastrophale Ergebnis geht jedoch zu einem erheblichen Teil auf das Konto von Angela Merkel, die sich weigerte, rechtzeitig das Amt zu verlassen – spätestens zur Hälfte der vierten Amtszeit. In Wahrheit hat ihr die restliche Unionsführung auch nie entschieden genug der Abschied nahegelegt.
Historisch einmalig war damit die Ausgangslage: Noch nie gab es – nach 1949 – eine Bundestagswahl, bei der ein amtierender Bundeskanzler nicht mehr kandidierte. Somit erlebten wir eine merkwürdige Wahl, bei der sich die Parteien nicht an der für die Politik der vergangenen vier Jahre verantwortlichen Kanzlerin Angela Merkel reiben konnten – stattdessen gab es ein offenes Rennen.
Diese Konstellation nutzte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz geschickt für eine wochenlange Aufholjagd – auch weil die Union sich währenddessen einen aufreibenden, demoralisierenden Hahnenkampf zwischen den Parteichefs von CDU und CSU leistete, der bis zum Wahltag nicht abriß.
Die Union gehört auf die Oppositionsbank
Nach 16 Jahren Kanzlerschaft Angela Merkel verdichtete sich der Eindruck einer amtsmüden Union, die es mehr als verdient hätte, zur Erholung auf die Oppositionsbänke geschickt zu werden. Daß die Verluste nicht noch vernichtender ausfielen, verdankt Laschet der Furcht nicht weniger Wähler vor den Umerziehungs- und Enteignungsphantasien des rot-rot-grünen Lagers. In den vergangenen Wochen scheint mancher Bürger mit Blick auf die kletternden Benzin- und Energiepreise aufgewacht zu sein, was die irrwitzigen Klimarettungsideen künftig kosten könnten.
Ernüchternd für viele Haltungsjournalisten bei öffentlich-rechtlichen und den meisten etablierten Medien dürfte der Absturz der Grünen unter der Möchtegern-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock sein, die im Frühjahr zeitweise von Meinungsforschern als stärkste Partei gelistet wurden. Mit derzeit 15 Prozent hätten sie dennoch ihr Ergebnis von 2017 fast verdoppelt. Und sicher scheint zu sein, daß die Grünen in einer Dreierkoalition ein maßgebliches Wort mitzureden haben werden.
AfD solide – droht aber in Schieflage zu geraten
Die AfD hat mit einem soliden zweistelligen Ergebnis den Wiedereinzug in den Bundestag geschafft. Obwohl sie mit ähnlichen Lager- und Flügelkämpfen zu tun hat wie die Linkspartei (deren Wiedereinzug auf der Kippe steht), kann sich die AfD inzwischen auf einen stabilen Kern von Stammwählern stützen – obwohl die Ergebnisse bei näherem Hinsehen regional stärker auseinanderdriften.
Teils stärkeren Verlusten im Westen stehen Stimmenzuwächse in den östlichen Bundesländern gegenüber, die einen Rückgang jedoch in Summe nicht kompensieren können. Immerhin erringt die AfD im Osten nach derzeitigem Stand 20 Direktmandate, wird stärkste Partei in Sachsen und Thüringen.
Die AfD wird bei ihrer Wahlanalyse registrieren, wie die Wähler im Westen teils in Scharen zu Freien Wählern, aber auch SPD, Union und FDP gewandert sind. Die Rezepte aus dem Osten lassen sich eben nicht auf den Westen übertragen. Dies ist eigentlich schon länger bekannt, bleibt aber bislang ohne Konsequenzen – was sich zunehmend rächt und die Partei in eine gefährliche Schieflage bringt. Warum konnte die AfD beispielsweise nicht wenigstens teilweise die massiven Verluste der Union auf ihre Mühlen lenken?
Rot-Rot-Grün wird keine Mehrheit erhalten
Rot-Rot-Grün erhielt jedenfalls bei dieser Bundestagswahl keine Mehrheit. Daß eine hypothetische Mehrheit von Schwarz-Gelb-Blau vorläufig politisch unwirksam bleibt – das steht auf einem ganz anderen Blatt und liefert Stoff für weitere Diskussionen. Ohne Regierungsoption sinkt mittel- und langfristig auch das Interesse der Wähler an einer Partei.
Mit dieser Wahl ist jedenfalls die Ära Merkel endlich Geschichte – wenn sie uns auch noch als geschäftsführende Bundeskanzlerin ein paar Wochen begleiten wird. Sie hinterläßt Deutschland als Sanierungsfall, mit gigantischen Hypotheken aus einer abenteuerlichen Euro-Rettungspolitik, einer verantwortungslosen Energiewende und einer unkontrollierten Migrations- und Asylpolitik.
Und sie übergibt ihren Nachfolgern eine heruntergewirtschaftete, politisch entkernte Partei, die unter ihrem Schatten die größte Wahlniederlage ihrer Geschichte einfuhr und die es nun verdient hätte, auf längere Zeit Regierungsbänken fern bleiben zu müssen.