Auch im mit guten Nachrichten nicht gerade reich gesegneten Jahr 2020 gibt es hin und wieder noch kleine Lichtblicke. Für Kritiker des deutschen Rundfunkbeitrags kommt ein solcher jetzt ausgerechnet vom Europäischen Gerichtshof (EuGH). Nach einem Gutachten darf der Rundfunkbeitrag nämlich auch bar beglichen werden.
Viele Zahlungsverweigerer haben in der Vergangenheit versucht, eine Pfändung der Zwangsgebühren hinauszuzögern, indem sie um die Möglichkeit einer Bareinzahlung baten und dabei auf eine grundsätzliche Annahmepflicht von Münzen und Scheinen im Zahlungsverkehr verwiesen. Nachdem sie von vermeintlichen Experten für ihre Einschätzung der Sachlage jahrelang als „naive Wutbürger“ belächelt wurden, gibt das Gutachten der EU-Fachleute nun auch ihnen indirekt recht.
Erbeten wurde die Einschätzung des zuständigen Gutachters in Luxemburg vom deutschen Bundesverwaltungsgericht. Das muß demnächst über den Fall von zwei Zuschauern des Hessischen Rundfunks (HR) entscheiden. Beide bestehen darauf, ihre „Schuld“ gegenüber der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt in bar bezahlen zu können. Ganz nach dem Motto: Wer Pflichten hat, muß auch Rechte haben.
Juristische Klatsche für den selbstgekrönten Medienadel
Weil der HR das offenbar anders sieht und eine solche Barzahlung für seine Pflichtkunden bisher in seiner Satzung ausschließt, kam es zu dem Rechtsstreit, in dem die deutsche Justiz nun Rat bei den obersten Juristen der EU suchte. Deren Beurteilung fällt eindeutig aus. Kurz und bündig zusammengefaßt lautet sie: Allgemeine Gesetze und Verpflichtungen gelten auch für den selbstgekrönten Medienadel vom deutschen Staatsfernsehen.
Die Frage, ob eine öffentliche Stelle Bargeld akzeptieren muß, beantwortet der zuständige Generalanwalt Giovanni Pitruzzella grundsätzlich mit ja. Es gebe von der Pflicht, Banknoten anzunehmen, nur zwei Ausnahmen: Wenn sich zwei Vertragspartner auf eine andere Zahlungsweise einigen; oder wenn nationale Gesetzgeber die Verwendung von Euro-Banknoten als Zahlungsmittel im öffentlichen Interesse begrenzen. Da Währungspolitik ausschließlich EU-Sache sei, sieht der Gutachter hier allerdings wenig Spielraum für den deutschen Staat und seinen Rundfunk.
EU-Jurist zeigt Verständnis
In seinem Gutachten verweist der EU-Jurist auch auf die große Bedeutung von Bargeld für Menschen, die keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen haben und somit nur in Münzen und Scheinen ihren Zahlungspflichten nachkommen könnten. Bargeld sei, so Pitruzzella, „ein Element sozialer Eingliederung“.
Daß selbst ein hoher Funktionär der Europäischen Union mehr Verständnis für die Lage der Menschen in solch prekären Lebenssituationen hat als die Verwaltungsbeamten einer vermeintlich dem Gemeinwohl dienenden öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, sagt einem im Grunde alles, was man über das Prinzip Radio und Fernsehen als „Hoheitsaufgabe“ wissen muß.
Das Urteil zu den GEZ-Gebühren wird in einigen Wochen erwartet. Die Richter sind an die Empfehlungen der Gutachter nicht gebunden, folgen ihr aber oft.