Ob die CDU in dieser Verfassung als Volkspartei noch zu retten ist, das ist unter Beobachtern durchaus umstritten. Auf jeden Fall ist bis zum Sonderparteitag am 25. April, bei dem sich vielleicht alles entscheiden wird, noch mal richtig Leben an Bord des behäbigen Unionsdampfers, wo trotz schwerer Schlagseite die Kapelle noch immer musiziert.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet hat mit seiner überraschenden strategischen Allianz mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn einen Coup gelandet, der ihn auf Augenhöhe mit Friedrich Merz bringt, wenngleich sich die Frage stellt, ob Spahn jetzt nicht anderes zu tun hat.
Merz hat in allen Umfragen (CDU-Mitglieder und CDU-Wähler) die Nase deutlich vorn. Den Kandidaten Norbert Röttgen lassen wir jetzt mal als folkloristischen Farbtupfer beiseite. Vielleicht bringt ihm seine Kandidatur nach der Bundestagswahl 2021 einen Platz am Kabinettstisch, wenn die CDU dann selbst überhaupt noch dort Platz nehmen darf.
Laschets Achillesferse
Laschets Achillesferse ist seine Nibelungentreue gegenüber Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingsfrage. Keine falsche Entscheidung, kein weiterer Schaden für unser Land – Armin Laschet war immer treu an der Seite dieser Frau, die als die mit Abstand verheerendste Regierungschef (was den Schaden angeht) in Deutschland seit 1945 in die Geschichtsbücher eingehen wird.
Ob es hilfreich war, daß Kandidat Laschet, der als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen übrigens einen handwerklich ordentlichen Job macht, jüngst sagte, 15 Jahre Merkel seien gute Jahre gewesen, bleibt dahingestellt. Und ob mit Friedrich Merz alles besser wird, wissen wir auch nicht. Aber es würde anders, ganz anders, weshalb sich das Parteiestablishment gegen ihn zusammenrottet.
Der Sauerländer ist nicht Teil des Systems Merkel, in dem sich so viele Abgeordnete und Hauptamtliche gemütlich eingerichtet haben. So lange niemand mit der AfD kooperiert, reichen der Union in der Regel 25 Prozent, um irgendwie mitregieren zu können, ohne sich mit komplizierter Politik und den lästigen Wählern beschäftigen zu müssen.
Merz hat nur noch eine Chance
Und Merz ist wohlhabend, er ist nicht mehr jung, aber er braucht auch das Geld nicht, um im Klischee zu bleiben. Er muß nicht in Hinterzimmern kungeln, muß niemandem Pöstchen für die Zukunft versprechen und er wird – wenn er scheitert – am nächsten Tag kein Frühstücksbrötchen weniger essen als vorher. Er ist unabhängig und frei, das zu tun, was er für richtig hält. Der blanke Horror für Angelas Klatschkolonnen. Und womöglich auch die letzte Chance der CDU, als Volkspartei zu überleben.
Friedrich Merz hat nur noch eine Möglichkeit, wenn er selbst Partner aus der Parteispitze findet, die seine Kandidatur unterstützen. Und das ist unwahrscheinlich, denn das Establishment will kein Risiko. Man kann auch mit 25 Prozent schön regieren, jedenfalls so lange niemand bereit ist, mit der AfD ins Gespräch zu kommen.
Und warum sollten die, die jetzt oben sind, etwas riskieren? Zumal die AfD selbst noch im Findungsprozeß ist. Merz gilt in der CDU nicht als Kandidat zum Anfassen, der anderen in Hinterzimmern Pöstchen verspricht. „Was wird denn aus mir, wenn er gewinnt“, fragen sich viele Mandatsträger heute der Union, die selbst wissen, dass es höchste Zeit für einen Kurswechsel ist.
Und sie werden dann vermutlich eher für persönliches Fortkommen und damit den weiteren Niedergang der einst großen Volkspartei der Mitte stimmen.