Das Auswärtige Amt ist ein traditionsreiches Haus. Sein bescheidener, seit der Gründung vor 150 Jahren unveränderter Name verschleiert, daß es sich in Wahrheit um ein Bundesministerium handelt, das im Haushalt direkt hinter dem Kanzleramt rangiert.
Doch auch die Zentrale deutscher Diplomatie mit Sitz am Werderschen Markt unweit des wiedererrichteten Berliner Stadtschlosses geht mit der Zeit. Und so hält man hier wie anderswo die Diversität hoch und bekennt den eigenen Mut zur Vielfalt.
Die Oktoberausgabe der Mitarbeiterzeitschrift intern AA etwa widmet sich diesem Thema und titelt „Black lives matter – Farbe bekennen“. Im Blatt stellt sich sodann Tiaji Sio vor, Mitarbeiterin an der deutschen Botschaft in Vietnams Hauptstadt Hanoi – und Initiatorin der „Diplomats of Color“.
Dieses Netzwerk möchte im Auswärtigen Amt für „Menschen mit Rassismuserfahrung sensibilisieren und zu rassismuskritischen Strukturen beitragen“.
Ein attraktiver Arbeitgeber für „Deutsche of Color“
Ziel sei, das AA „zu einem Ort zu machen, den sich Deutsche of Color genauso als Arbeitgeber vorstellen können wie weiße Deutsche“. Bebildert wurde der Beitrag der jungen Diplomatin unter anderem mit einem Foto eines von Demonstranten überklebten Straßenschilds in Berlin. Sie hatten im Zuge der „Black Lives Matter“-Proteste die Bernhard-Weiß-Straße nahe dem Alexanderplatz zeitweise in „George-Floyd-Straße“ „umbenannt“.
Das wiederum soll bei einigen, insbesondere im Ruhestand befindlichen, Diplomaten gar nicht gut angekommen sein. Ein Botschafter außer Dienst wandte sich empört an den Bundestagsabgeordneten Armin-Paulus Hampel (AfD), außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Der wiederum schrieb daraufhin einen geharnischten Brief an Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD).
Der Vorwurf darin: Mit der Bildauswahl brächte die intern AA-Autorin ihre Sympathie mit der Aktion zum Ausdruck, mit welcher der Name eines „vorbestraften Afroamerikaners, der durch unnötige Polizeigewalt in den USA ums Leben gekommen ist“, über den des ehemaligen Berliner Polizeivizepräsidenten Weiß (1880–1951) geklebt wurde, eines der ersten jüdischen Opfer des NS-Regimes.
Hampel: Statt eines NS-Opfers wird ein Kleinkrimineller geehrt
Hampel erinnerte in seinem Brief an die Mitschuld des damaligen Auswärtigen Amts daran, daß der „aufrechte Demokrat“ und „Kämpfer gegen das heraufziehende Unheil“ Weiß staatenlos wurde, da ihm die Botschaft in seinem Prager Exil einen deutschen Paß verweigerte.
Es sei inakzeptabel, so Hampel, daß „unter dem Deckmantel der ‘Diplomats of Color’ aus der Ehrung für einen als Juden verfolgten, antifaschistischen Beamten und Rechtsdieners eine Ehrung für einen Kleinkriminellen gemacht werde. Der Abgeordnete forderte zudem disziplinarische Konsequenzen für die junge Diplomatin, und daß die Aktivitäten ihrer Gruppierung „einer kritischen Überprüfung unterzogen“ werden.
Antisemitismus – „um nichts anderes handelt es sich hier“ – dürfe im Auswärtigen Amt keinen Platz haben. Das, so Hampel an Maas, „sind Sie, der ‘wegen Auschwitz’ in die Politik gegangen ist, dies sind wir alle Bernhard Weiß und allen anderen Opfern des Nationalsozialismus schuldig“.
JF 46/20