Man konnte den Seufzer der Erleichterung im deutschen Blätterwald am Donnerstag abend förmlich hören. Deutsche Touristen werden in Mallorca der Gruppenvergewaltigung an einer Landsfrau beschuldigt. Endlich deutsche Täter bei einem Delikt, das aufgrund leidvoller Erfahrung von vielen sofort mit Migranten in Verbindung gebracht wird.
Was so ins eigene Weltbild paßt, darf freilich nicht durch Fakten verwässert werden, dachte sich wohl die Nachrichtenagentur dpa und ließ in ihrer Meldung zu dem Vorfall ein entscheidendes Detail weg. Spanische Medien berichteten, was dpa verschwieg: Bei den Tätern handelt es sich um Deutsch-Türken. Der Vorwurf „Lückenpresse“ hatte sich einmal mehr erhärtet.
„Deutsche“ stand in fast jeder Überschrift
Noch schlimmer die Bild-Zeitung. Die bezog sich gar nicht einmal auf dpa, sondern verwies auf die Originalquelle Ultima Hora. Die größte Zeitung der Balearen benannte die Herkunft der Täter aber klipp und klar. Nicht so die Bild. Der war es lediglich wichtig, zu ergänzen, daß die Täter aus Frankfurt am Main stammen.
Nun könnte man einwenden, die Herkunft habe bei der Tat keine Rolle gespielt. Warum aber dann die Betonung der Staatsangehörigkeit in der Überschrift? Der Spiegel titelte: „Vier Deutsche wegen Vergewaltigungsvorwürfen festgenommen.“ Bei der Bild hieß es: „Vier deutsche Urlauber festgenommen.“ Die Welt wählte die Überschrift: „Deutsche Urlauber auf Mallorca der Gruppenvergewaltigung beschuldigt.“
Nur zur Klarstellung: Nicht bei allen Medien, die über den Fall ohne den Hinweis auf die türkische Herkunft der mutmaßlichen Vergewaltiger berichteten, liegt eine Manipulationsabsicht vor. Viele Redakteure machen sich einfach nicht die Mühe, eine dpa-Meldung nochmal einem kurzen Faktencheck zu unterziehen. Sie drucken blind ab, was die Agentur liefert. Mit gutem Journalismus hat das wenig zu tun.