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Reaktionen auf Lübcke-Mord: Instrumentalisierung

Reaktionen auf Lübcke-Mord: Instrumentalisierung

Reaktionen auf Lübcke-Mord: Instrumentalisierung

fazbildwelt
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Ausschnitte der Internetseiten von FAZ, Bild und Welt Online Montage: JF
Reaktionen auf Lübcke-Mord
 

Instrumentalisierung

Von der Welt über die Bild bis zur FAZ wird derzeit der AfD eine Mitverantwortung an der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke gegeben. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß das Entsetzen über die Tat dazu mißbraucht wird, um einen lästigen politischen Konkurrenten zu erledigen. Ein Kommentar von Karlheinz Weißmann.
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Es gibt in den Kommentaren der Leitmedien zum Fall Lübcke zwei Tendenzen: Erstens, wir haben es mit einer „braunen RAF“ zu tun; zweitens, die AfD ist schuld.

Was die erste Deutung angeht, hat sie wenig für sich. Auf der äußersten Rechten fehlt es nicht nur an der notwendigen Intelligenz, sondern auch an den notwendigen Mitteln und dem notwendigen Rückhalt (in Teilen der Bevölkerung, in einem oder mehreren ausländischen Staaten), um eine „Braune Armee Fraktion“ aufzubauen. Im Zweifel hat man es mit bösartigen, mehr oder weniger isolierten Einzelnen zu tun, die die Anonymität nutzen, um ihre Taten vorzubereiten und auszuführen.

Bleibt die zweite These, daß „Rechtsextremismus in Deutschland ein strukturelles Problem“ ist, „das enge Verzweigungen bis in den parlamentarischen Bereich hat – nicht zuletzt in der AfD nämlich“. Wenn das ungelenk in der taz steht, darf man es mit einem Achselzucken quittieren. Aber solche Denkfiguren sind mittlerweile bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen.

Von Bild über Welt bis zur FAZ

Unbehaglich wird es jedenfalls, wenn in der Bild an prominenter Stelle davon die Rede ist, es gebe „AfD-Politiker in Parlamenten“, die „Auslöschungs- und Säuberungsphantasien durch unverhohlene Äußerungen salonfähig“ (Julian Reichelt) machten und insofern moralische Verantwortung für die Ermordung Lübckes trügen, und Peter Tauber – zur Erinnerung: ehemaliger Generalsekretär der CDU – in der Welt darüber schwadroniert, daß neben Erika Steinbach „die Höckes, Ottes und Weidels durch eine Sprache, die enthemmt und zur Gewalt führt, mitschuldig am Tod Walter Lübckes“ geworden seien.

Was die Sache noch schlimmer macht: Tauber steht bei diesem Angriff keineswegs allein. Das bürgerliche Leitorgan FAZ macht sich dieselbe Argumentation zu eigen. In einem Kommentar Jasper von Altenbockums heißt es jetzt, daß man der AfD ihr Bekenntnis zum Rechtsstaat so wenig abnehmen dürfe wie ihre Trauer über das Opfer eines feigen Anschlags.

Hinter einer „seriösen Fassade“ habe ihre Führung systematisch die Eskalation vorbereitet, „ihre Worte“ seien nichts anderes als „extremistische Gewalt“: „Verrannt haben sich die Gaulands, Meuthens und Weidels, weil sie nicht wahrhaben wollen, daß die Blase, in der sie sich bewegen und die sie rhetorisch aufgepumpt haben, die Szene mitumfaßt, in der Gewaltphantasien und Extremismus zum Alltag gehören. Das kommt davon, wenn Grenzen überschritten, Tabus gebrochen und Anstandsregeln mißachtet werden, die nicht im Grundgesetz stehen.“

Endkampf gegen die AfD

Damit geht Altenbockum deutlich über das hinaus, was weiland den „geistigen Wegbereitern“ des roten Terrors angelastet wurde. Und in den „Bleiernen Jahren“ konnte man immerhin auf Schriftsteller, Journalisten, Akademiker jeder Profession und Politiker verweisen, die aus ihrer Forderung nach „Zersetzung“ (Heinrich Böll) des bestehenden Staatswesens gar kein Hehl machten, mindestens „klammheimliche Freude“ (Der Mescalero) angesichts der Morde der Baader-Meinhof-Bande empfanden oder gleich den neuen Partisanen im Kampf gegen das faschistische System feierten (Jean-Paul Sartre).

Wo gäbe es in der AfD oder ihrem Umfeld etwas Vergleichbares? Wann hätten die Steinbachs, Ottes, Höckes, Gaulands, Meuthens und Weidels jemals politische Gewalt gutgeheißen oder auch nur gebilligt? Wann hätten sie die Grenze dessen überschritten, was man als Polemik im politischen Tageskampf dulden muß und auf der Seite ihrer Gegner immer geduldet hat?

Altenbockum kennt die Antworten auf diese Fragen. Aber die interessieren ihn nicht. Denn er will auf etwas ganz anderes hinaus: Darauf, der AfD den entscheidenden Schlag zu versetzen. Eine Zielsetzung, die er dankenswerterweise offen anspricht. Denn im letzten Teil seines Textes fordert er, zum Endkampf gegen den Feind AfD anzutreten. Für den Vorstoß sei eine Zangenbewegung nötig.

Perfide Forderung

Die eine Flanke bilde der antifaschistisch-demokratische „Verhinderungsblock“ von den schwarzen Sturmtruppen bis zur Union, der in Görlitz durch seine Geschlossenheit den AfD-Mann scheitern ließ. Die andere stellen die Propagandadivisionen, die mit „klaren Angeboten“ – will sagen: finanziellen Ködern und wohlfeilen Versprechungen – die abtrünnigen Wähler der alten Volksparteien zurückgewinnen sollen.

Im Klartext heißt das: Altenbockum fordert, das Entsetzen über die Ermordung eines Menschen auszunutzen, um einen lästigen politischen Konkurrenten zu erledigen. Wenn das jemand anderes bei anderer Gelegenheit getan hätte, wäre seine Empörung wie die der Reichelts und Taubers grenzenlos. Denn so etwas gilt zu Recht als perfide; man nennt das: Instrumentalisierung.

Ausschnitte der Internetseiten von FAZ, Bild und Welt Online Montage: JF
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