Anzeige
Anzeige

Anne Will: Ein Grieche mischt die Runde auf

Anne Will: Ein Grieche mischt die Runde auf

Anne Will: Ein Grieche mischt die Runde auf

Anne Will
Anne Will
TV-Talk bei Anne Will am 10. März Foto: Screenshot ARD Mediathek
Anne Will
 

Ein Grieche mischt die Runde auf

Ohne den ehemaligen griechischen Außenminister Yanis Varoufakis wäre die Sendung von Anne Will wohl erneut zum Konsens-Talk verkommen, bei dem AfD-Politikerin Beatrix von Storch allenfalls die Alibi-Oppositionsrolle spielen durfte. Von den übrigen Gästen kam die erwartbare ständige Wiederholung des Ewiggleichen. <>Eine TV-Kritik von Boris T. Kaiser.<>
Anzeige

Wohin steuert die EU nach der Europawahl? Diese Frage wollte Anne Will am Sonntag abend mit ihren Gästen erläutern. Die anwesenden deutschen Politiker, Christian Lindner von der FDP, Beatrix von Storch von der AfD, und der CSU-Mann und Spitzenkandidat der EVP für die Europawahl, Manfred Weber, waren schon merklich im Wahlkampfmodus festgefahren. Ihre Antworten waren allesamt so professionell wie erwartbar. Christian Lindner schaffte es bereits im ersten Satz, das Wort „Digitalisierung“ unterzubringen. Später konnte er sogar noch die „künstliche Intelligenz“ platzieren.

Beatrix von Storch hat ihre Hausaufgaben ebenfalls gemacht. Sie betont direkt im ersten Satz das Alleinstellungsmerkmal der AfD als einzige in der Runde und im Bundestag vertretene Partei, die nicht mehr EU, sondern mehr Nationalstaat will. Manfred Weber sagt, wir würden „im besten Europa“ leben, „das wir je hatten“, und klingt auch sonst wie der Sprachcomputer, mit dem Annegret Kramp-Karrenbauer gelernt hat zu sprechen wie Angela Merkel. Deutlich mehr Klartext gab es vom wahren Star der Runde: dem Griechen Yanis Varoufakis. Mit der Tatsache, daß die EU längst zur Schuldenunion mutiert ist, spricht der frühere griechische Finanzminister eine unangenehme Wahrheit aus, um die Lindner und Co. sich herumdrücken wollen.

Varoufakis frei von der Leber

Den französischen Präsidenten Macron, dessen Brandbrief an die Europäer Aufhänger für die Sendung war, hätten die deutschen EU-Politgranden Wolfgang Schäuble und Martin Schulz so sehr geliebt, daß sie ihn zu Tode umarmt hätten. Sogar von einem „Todeskuß“ spricht der Mann aus dem Süden Europas.

„Die Leiche liegt am Boden und blutet noch“, fügt er sprachgewaltig an, als wolle er mal testen, wie weit man im deutschen Fernsehen gehen kann. Auch von der „netten AKK“ sei nicht mehr viel übrig. So frei von der Leber weg können nur Populisten und Politrentner reden. Varoufakis ist ein bißchen von beidem. Auch wenn er aktuell offiziell der Spitzenkandidat der deutschen Liste „Demokratie in Europa“ für die Europawahl ist.

Fast hätte der griechische Draufgänger den so geregelten Ablauf der Sendung gestört. Aber eben nur fast. Die übrigen Gäste zogen ihren Stiefel unbeirrt durch. Auch Cathrin Kahlweit, Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung in London, sagte alles, was eine Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung eben so sagt, wenn sie mal ins Fernsehen eingeladen wird. Sie schießt gegen die AfD, die Briten und den Brexit und gegen den „staatlich geförderten Antisemitismus“ des erklärten Soros-Gegners Viktor Orbán. Über den islamischen Antisemitismus in Frankreich und die Massenflucht der Juden aus dem europäischen Land wollte Kahlweit aber wohl lieber nicht sprechen.

Einwanderung so gut wie kein Thema

Schon gar nicht mit Frau von Storch, die verzweifelt versuchte, zumindest ab und an mal zu Wort zu kommen. Meist wurde sie direkt von allen anderen unterbrochen. Auch von der Moderatorin. Wirklich aussprechen durfte die AfD-Politikerin die gesamte Sendung über kein einziges Mal. Man hätte fast meinen können, die Runde wolle den Beweis antreten, daß von Storch in ihrer Einleitung Recht damit hatte, daß die AfD die einzige Partei ist, die sich inhaltlich von den anderen unterscheidet.

Ohne die Erwähnung des ungarischen Ministerpräsidenten wäre das Thema Einwanderung und Asylkrise in der Talkshow mit dem Titel „Europa vor der Wahl – mehr EU oder mehr Nationalstaat?“ übrigens vermutlich überhaupt nicht zur Sprache gekommen. So kam es nur so gut wie überhaupt nicht zur Sprache. Dafür gab es noch etwas mehr aus der persönlichen Gedankenwelt der Frau von der Süddeutschen Zeitung.

Haltungsjournalismus farblich passend zum grünen Blazer und zum grüngestreiften T-Shirt. Zwar konnte Kahlweit offenkundig nicht zwischen EU und Europa unterscheiden – eine Wahrnehmungsstörung die in ihren Kreisen sehr verbreitet ist. Sie wußte aber, wie man „junge Menschen dafür begeistert“: mit Anti-Hate-Speech-Gesetzen und Schulschwänzen für den Klimaschutz. Und natürlich mit mehr sozialer Gerechtigkeit. Wer solch meinungsstarke Journalisten in der Talkshow hat, bräuchte eigentlich gar keine Politiker mehr einladen.

TV-Talk bei Anne Will am 10. März Foto: Screenshot ARD Mediathek
Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag