US-Präsident Donald Trump ist ein Mann der Extreme. Zwischen Freund und Feind gibt es im Leben des Ex-Unternehmers wenig Grautöne. Einer, der es von seinem Erzfeind (Little Rocket Man) nun zu seinem „Freund“ geschafft hat, ist der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un. Daß der für den Tod des amerikanischen Studenten Otto Warmbier verantwortlich ist und unter dessen Führung immer noch tausende Christen in Arbeitslagern dahinvegetieren – für den Mann im Weißen Haus kein Grund, seine verbalen Annäherungsversuche vor dem Gipfeltreffen in Vietnam einzuschränken und sich stattdessen in der notwendigen Kunst der stillen Diplomatie zu üben.
Ganz klar in der Kategorie Feind ist für Trump dagegen Venezuelas Staatschef Nicolas Maduro. Den nannte er erst kürzlich eine „kubanische Marionette“ und drohte ganz unverhohlen mit einer militärischen Intervention, um in Caracas den selbsternannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó zu installieren. Beide Konfliktherde – Venezuela und Nordkorea – hängen miteinander stärker zusammen, als auf den ersten Blick ersichtlich ist.
Zurückhaltung wäre geboten
Genau wie der Iran nach Atomwaffen strebt, besitzt Nordkorea aus einem einzigen Grund Nuklearwaffen: Um den Erhalt des eigenen Regimes zu sichern. Muammar al Gaddafi in Libyen hatte diese Schwelle genauso wenig überschritten wie Saddam Husseins Irak – mit der Konsequenz, daß das US-Militär mit ihren Regierungen American Football spielen konnte.
All die Freundesbekundungen an die Adresse von Kim werden den cleveren Diktator aus Pjöngjang nicht zu Zugeständnissen bewegen, die über Lippenbekenntnisse hinausgehen. Solange die USA nicht weltweit – auch gegenüber Venezuela und dem Iran – mit dem Säbelrasseln und den offenen Regime-Change-Drohungen aufhören, gibt es keinen Grund für die Kims und Chameneis dieser Welt, nicht weiter auf Atomwaffen zu setzen.
Eine Abkehr von militärischen Interventionen ist der beste Weg, dem Nichtverbreitungsvertrag zur Durchsetzung zu verhelfen. Dafür braucht es keine Freundschaftsbekundungen über Twitter, sondern die Kunst zurückhaltender Diplomatie, die im Gegenüber nicht Freund oder Feind, sondern einen potentiellen Partner sieht.