Die Geister, die ich rief … Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) ist offenbar selbst zum Opfer des von ihm ins Leben gerufenen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) geworden. Am Wochenende wurde ein Kommentar des SPD-Politikers vom November 2010 auf dem Kurznachrichtendienst Twitter gelöscht.
Darin hatte Maas geschrieben: „Beim Besuch der islamischen Gemeinde Saarbrücken ist mir gerade wieder klar geworden, was für ein Idiot Sarazin (sic!) ist.“ In den vergangenen Tagen waren mehrere Twitter-Nutzer auf den über sieben Jahre alten Tweet aufmerksam geworden und hatten angekündigt, diesen wegen Beleidigung zu melden. Am Sonnabend dann verschwand die Nachricht.
Das Bundesjustizministerium versicherte auf Nachfrage der Bild-Zeitung, man habe den Tweet nicht gelöscht. Es liegt also nahe, daß Twitter aus Sorge vor Konsequenzen durch das NetzDG die Attacke Maas’ auf Sarrazin entfernte. Schließlich drohen dem sozialen Netzwerk seit dem 1. Januar empfindliche Geldstrafen, wenn es beanstandete, strafwürdige Tweets nicht innerhalb von 24 Stunden löscht.
Das Netz spottet über Maas
Es ist allerdings nicht das erste Mal, daß Maas Tweets auf die Füße fallen. Als während des G20-Gipfels in Hamburg der linksextreme Mob randalierte, hatte Maas nichts Besseres zu tun, als über Twitter zu verkünden, er freue sich darauf, den CSD in Köln zu eröffnen. In einem weiteren Tweet prangerte er Sachsen an, da dort die Identitäre Bewegung Proteste gegen einen Bevorstehenden Besuch des Justizministers angekündigt hatte. Nachdem es dafür auf Twitter Kritik hagelte, verschwanden die Beiträge von Maas’ Account.
Das NetzDG ist wirklich gnadenlos. Jetzt werden schon die Tweets des Justizministers während #G20HAM17 gelöscht (Dank an @Varg_I_Veum) pic.twitter.com/TS4BY4dO2n
— Felix Krautkrämer (@krk979) 8. Juli 2017
Am Wochenende sorgte zudem eine Reihe weiterer älterer Tweets des SPD-Politikers für Spott. So schrieb Maas beispielsweise im Dezember 2010:
Nach erneutem exzessiven Schneeschippen frage ich mich, was eigentlich aus der Erderwärmung, etc. geworden ist?
— Heiko Maas (@HeikoMaas) 25. Dezember 2010
Vier Jahre später ermahnte ausgerechnet er seinen türkischen Amtskollegen, das Sperren von Twiter und Facebook entspreche nicht seinem Verständnis von Meinungsfreiheit:
Treffen mit türk. Justizminister: Sperren von #twitter + #facebook ist nicht unser Verständnis von #Meinungsfreiheit https://t.co/xFd8BfCh88
— Heiko Maas (@HeikoMaas) 13. Mai 2014
Ein paar Jahre zuvor zeigte Maas, daß er nicht nur Experte für Politik ist:
übrigens, messi ist zZ der beste fußballspieler der welt und ronaldo ein unerträglicher schauspieler, mit viel gel auf und in der birne
— Heiko Maas (@HeikoMaas) 28. Mai 2009
Im gleichen Jahr hatte der SPD-Politiker nach einem Silbermond-Konzert eine wichtige Frage an die Netzgemeinschaft:
habe mir am mittwoch auf silbermond-konzert den hals verrenkt, kann den kopf nicht mehr nach links drehen, was soll mir das sagen?
— Heiko Maas (@HeikoMaas) 22. Mai 2009
Nicht immer ist seinen Tweets jedoch klar zu entnehmen, was Maas eigentlich genau sagen will:
heute morgen ist überall kirmesfrühschoppen und ich auch
— Heiko Maas (@HeikoMaas) 17. August 2009
auf dem zu frau merkel bei ihk, hwk und vsu zur veranstaltung 50 wirtschaftl. rückgliederung saarland, was die wohl alles zu erzählen haben?
— Heiko Maas (@HeikoMaas) 6. Juli 2009
Daß nicht jeder seine Tweets versteht, kann Maas selbst nicht verstehen:
habe gerade gesehen, dass müller auf cdu parteitag über meine tweets mokierte, müller nix verstehen von tweets
— Heiko Maas (@HeikoMaas) 2. Juli 2009
SPD verteidigt NetzDG
Trotz der wachsenden Kritik von Journalisten und der Opposition hält Maas allerdings nach wie vor am NetzDG fest. Der Bild-Zeitung sagte er: „Wem am Schutz der Meinungsfreiheit gelegen ist, der darf nicht tatenlos zusehen, wie der offene Meinungsaustausch durch strafbare Hetze und Bedrohung unterbunden wird.“ Mit anderen Worten: Es sei richtig, daß Twitter und Facebook bestimmte Kommentare löschten, ganz gleich, ob diese überhaupt von der Justiz als strafrechtlich relevant eingestuft würden.
Ähnlich äußerte sich auch Maas’ Parteifreundin Eva Högl gegenüber Radioeins. „Man möchte doch diese ekelhaften Dinge nicht länger im Netz sehen“, verteidigte sie das NetzDG. „Wenn das strafrechtlich relevant ist, muß es erst mal verschwinden. Wenn es nicht zu einem Strafverfahren geführt hat, kann es wieder draufgestellt werden.“ Auf Deutsch: erst löschen, dann prüfen. (krk)