Bundestag und Bundesrat haben am 23. und 24. April 1998 endgültig über das Schicksal der D-Mark entschieden. Bundeskanzler Kohl sprach von einem Jahrhundertereignis. Er erwartete von der Europäischen Währungsunion die Sicherung des Friedens in Europa, weil Deutschland mit der Aufgabe seiner Währung den europäischen Partnern signalisiere, auf eine dominierende Rolle in der EU nach der Wiedervereinigung zu verzichten.
Doch wußte damals fast jeder, daß die Währungsunion ohne politisches Fundament keinen Bestand haben wird. Bei unterschiedlichen Politikansätzen würden sich in der Währungsunion Spannungen ergeben, die sie entweder auseinanderbrechen ließe oder Transfers zwischen den Mitgliedstaaten nötig machten.
„Transferleistungen in der Währungsunion so absurd wie eine Hungersnot in Bayern“
Daher stand die „No-bail-out-Klausel“ im Zentrum der Debatte: Weder die Union noch ein Mitgliedstaat treten für die finanziellen Verpflichtungen eines anderen Mitgliedstaates ein (Art. 125 Lissabon-Vertrag). Doch ließ Helmut Kohl seine Kollegen wissen, daß man sich einmal ehrlich sagen müsse, „was wir mit dieser Entscheidung anderen zugemutet haben.“ Auch den damaligen bayerischen Ministerpräsidenten, Edmund Stoiber, trieb die Sorge um, ob nicht Transferleistungen in einer großen Währungsunion wahrscheinlicher als in einer kleinen seien.
Jean-Claude Juncker, damals Ministerpräsident von Luxemburg, beruhigte ihn: „Transferleistungen in der Währungsunion sind so absurd wie eine Hungersnot in Bayern.“ Erinnern wir uns an einen seiner Kernsätze: „Wenn es ernst wird, muß man lügen.“
Die Unausweichlichkeit von Transfers liegt in der Logik der Währungsunion, wenn die realen Wechselkurse zwischen den Mitgliedstaaten nicht mehr den wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechen. Theo Waigel, aber auch die Vorsitzenden von SPD, Grünen und FDP würdigten am Euro, daß sich die Exporte Deutschlands erhöhten, wenn Produktivitätsfortschritte nicht mehr durch Aufwertungen kompensiert würden, wie es in der Vergangenheit der Fall gewesen sei.
Der Euro spaltet Europa
Dazu sagte der damalige PDS-Chef, Gregor Gysi: „Wenn das dann so ist, dann müssen doch andere Produktionsunternehmen in anderen Ländern darunter leiden. Anders ginge es doch gar nicht. Das heißt, wir wollen den Export Deutschlands erhöhen und damit die Industrie in Portugal, Spanien und anderen Ländern schwächen. Das ist eines der Probleme, das zu einer weiteren Spaltung innerhalb Europas führt.“
Genauso ist es gekommen. Auch wenn es in Brüssel niemand hören will: Der Euro spaltet Europa. Die Arbeitslosenziffern und die Verarmung in der südlichen Peripherie sind dem Euro geschuldet. Er zwingt die schwächeren Volkswirtschaften in ein Korsett, das sie nicht atmen läßt. Anstatt sie aus dem Euro zu entlassen und den Anpassungsprozess finanziell zu begleiten, sollen weitere Transfers sie über Wasser halten.
Genau wie damals können wir den daraus resultierenden Prozeß vorhersagen: Transfers haben noch nie einer schwachen Volkswirtschaft zu internationaler Wettbewerbsfähigkeit verholfen; stattdessen werden die stärkeren Länder ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit verlieren, bis schließlich die nicht überlebensfähige Währungsunion unter großem Getöse zusammenbricht. Um dies zu verhindern und um das europäische Aufbauwerk zu bewahren, muß für Deutschland gelten: „Raus aus dem Euro.“