Die liberalkonservative Regierung in Kopenhagen schafft die Rundfunkgebühren ab. Doch was sich für alle Gegner des öffentlich finanzierten Medienapparates wie eine freudige Botschaft anhört, erweist sich auf den zweiten Blick als Mogelpackung. Denn letzten Endes wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk Dänemarks in Zukunft mit den Steuern aus dem allgemeinen Haushalt finanziert.
Der dänische Finanzminister Kristian Jensen weist darauf hin, daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk, Danmarks Radio (DR), dazu verpflichtet worden sei, seine Ausgaben um ein Fünftel zu kürzen. Zudem sollen keine neuen Steuern eingeführt werden, um DR weiter zu finanzieren. Jedoch wird der Steuerfreibetrag gesenkt.
Weiter an staatliche Stellen heranrobben
Und dies bedeutet, daß die Rundfunkfinanzierung zukünftig von Steuerzahlern mit sehr geringem Einkommen getragen werden muß. Niedrigverdiener, die bislang aufgrund des Steuerfreibetrags wenig oder keine Steuern zahlen mußten, werden nun steuerpflichtig.
Zudem wird DR noch weiter als ohnehin schon an staatliche Stellen heranrobben, wenn er direkt aus dem Steuersäckel bezahlt wird. Die Staatsnähe wächst und es wäre nicht überraschend, wenn ein Finanzminister eines Tages Weisungsbefugnis verlangen würde.
Doch viel liberaler ist die Lage in Deutschland nicht. Hier wird die Höhe des Rundfunkbeitrags von den Bundesländern in gemeinsamer Abstimmung beschlossen. Die Regierungsparteien der Länder sitzen auch am Tisch. Nur da die Gebühren von den Anstalten selbst kassiert werden, kommt der Vorwurf der Staatsnähe nicht ganz so schnell über die Lippen.
Fast 70 Prozent der Deutschen für Abschaffung der Zwangsabgabe
Laut einer Umfrage vom INSA-Meinungstrend spricht sich nur jeder achte Deutsche (12,6 Prozent) für die Beibehaltung der gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aus. Nahezu sieben von zehn Befragten (69,4 Prozent) sehen in den Rundfunkgebühren nicht mehr als eine „Zwangsabgabe“ und fordern ihre Abschaffung.
Denn zur Zeit ist auch der Fluchtweg über die privaten Fernsehsender versperrt. Sie stehen unter der Überwachung staatlich zuständiger Landesmedienanstalten. Sie stehen insbesondere in der Pflicht, sogenannte „Fensterprogramme“ auszustrahlen.
Der ehemalige Senderchef des Privatfernsehsenders Sat.1, Roger Schawinski, schreibt dazu in seinem Buch „Die TV-Falle“:
Der Rundfunkstaatsvertrag verlangt, daß innerhalb einer privaten Sendergruppe derjenige Sender, der mindestens zehn Prozent des Zuschaueranteils erreicht, unabhängigen Dritten einen Teil seiner Sendezeit für Fensterprogramme zur Verfügung stellen muß. Auch die Dauer und Positionierung der Fensterprogramme sind vorgeschrieben. Das Wichtigste aber: Die Sender müssen diese Drittprogramme voll finanzieren, und zwar zu Kosten, die faktisch vom Staat festgelegt werden. Der Staat bestimmt gemäß einem komplizierten Verfahren auch in letzter Konsequenz die Lizenznehmer. Das ist natürlich eine ideale Vorlage zur Schaffung von Pfründen mit allen Abgründen, die damit verbunden sind.
Das Kind nicht mit dem Bade ausschütten
Das Gebührensystem ruft an allen Ecken und Enden nach Reformen. Doch eine gänzliche Abschaffung öffentlich-rechtlicher Medien wäre ein Schritt zu weit. Denn die Finanzierung eines wirklich von finanziellen und politischen Interessen unabhängigen Massenmediums kann in einer Wettbewerbslandschaft ordnungspolitisch durchaus zielführend und auch wettbewerbsfördernd sein.
Ob es in einem durchprivatisierten Medienbetrieb echten investigativen Journalismus gäbe, ist zweifelhaft. Zudem: Eine komplette Privatisierung dieses öffentlichen Gutes würde dazu führen, daß der Preis gerade der hochwertigen Produkte für die vergleichsweise wenigen Nutzer so stark ansteigen würde, daß dieses Produkt nicht konkurrenzfähig wäre. Was es zu verhindern gilt. Denn Kultur ist Gemeinschaftsaufgabe und darf Finanzinteressen nicht geopfert werden.
Ob staatliche Stellen hier ihre Finger im Spiel haben müssen, steht auf einem ganz anderen Blatt. Neue Technologien vom Crowdfunding bis zur Blockchain bieten vielversprechende alternative Wege.