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Bürgerkrieg in Syrien: Assad kann bleiben, die Mullahs müssen weg

Bürgerkrieg in Syrien: Assad kann bleiben, die Mullahs müssen weg

Bürgerkrieg in Syrien: Assad kann bleiben, die Mullahs müssen weg

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Syrische Regierungstruppen in Daraa: Putin konnte sich austoben Foto: picture alliance/Xinhua
Bürgerkrieg in Syrien
 

Assad kann bleiben, die Mullahs müssen weg

Drei Wochen nach Beginn der massiven Armeeoffensive im Südosten Syriens haben sich die Rebellen und die Regierung auf einen Waffenstillstand geeinigt. Israel und die USA hatten sich offenbar darüber verständigt, nicht in die Kämpfe einzugreifen. Verlierer der neuesten Absprachen ist der Iran. Ein Kommentar von Jürgen Liminski.
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Knapp drei Wochen nach Beginn der massiven Armeeoffensive im Südosten Syriens sollen nun die Waffen schweigen. Rebellengruppen und die Regierung unter Baschar al-Assad haben am Freitag abend einen Waffenstillstand vereinbart. Dabei läuft die von russischer Seite vermittelte Vereinbarung nach Angaben des syrischen Regimes auf eine Kapitulation der Rebellen hinaus: Sie sollen ihre Waffen abgeben, ihre Kämpfer abziehen und die Kontrolle der Grenze zu Jordanien an die Regierung abgeben.

Zuvor hatte die russische Luftwaffe zusammen mit der schweren Artillerie der syrischen Truppen rund drei Wochen lang die Dörfer und Orte der Region Daraa im Länderdreieck zu Israel und Jordanien bombardiert – eines der wenigen Gebiete, das noch von Rebellengruppen gehalten wurde.

Zuverlässige Berichte aus dem Südosten Syriens sind nicht zu bekommen, aber die steigende Zahl der Flüchtlinge in den Grenzstreifen zu Israel und der Verletzten, die in israelischen Krankenhäusern behandelt werden, bestätigen die spärlichen Angaben des israelischen Militärs, das die Vorgänge genauestens beobachtete und für alle Fälle ein massives Aufgebot von Merkava-Panzern in Grenznähe auffuhr.

Israel und die USA lassen Assad gewähren

Seit einer kurzen Atempause Mitte der Woche standen die Stellungen der Rebellen unter Dauerbeschuß. Russische und syrische Truppen bombardierten systematisch Wohngebiete und so war es nur eine Frage der Zeit, bis die Region Daraa, in der die Rebellion gegen die Diktatur Assads vor sieben Jahren begann, wieder unter Kontrolle des Regimes gelangte. Denn Israel und die USA hatten sich offensichtlich mit Rußland darüber verständigt, nicht einzugreifen. Assad und Putin konnten sich austoben.

Die Absprachen und die Lage in der Region werden bei den Treffen des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit dem israelischen Premier Benjamin Netanjahu am 11. Juli in Moskau und mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump am 16. Juli in Helsinki Gegenstand der Gespräche sein. In groben Zügen ist zu erfahren, daß Jerusalem und Washington zustimmen, nichts gegen das Regime Assad zu unternehmen, solange der Diktator sich innerhalb der syrischen Grenzen bewegt. Sie haben sich damit abgefunden, daß Assad an der Macht bleibt. Es ist in der Tat niemand sonst zu sehen, der Syrien heute regieren könnte.

Die Bevölkerung ist gespalten

Das Land ist ein Trümmerfeld, die 18 Millionen Menschen zählende Bevölkerung gespalten, die herrschende Minderheit der zwei Millionen Alawiten verhaßt. Das Regime ist allerdings auch so geschwächt, daß es mit seinem Überleben genug zu tun hat und Israel nicht gefährlich werden kann. Moskau läßt dafür Israel freie Hand gegen den Iran und ist auch einverstanden damit, daß die iranischen Truppen und Berater ganz aus Syrien abgezogen werden. Das liegt auch im Interesse Moskaus, denn so hängt das Regime Assad ganz vom Wohlwollen Rußlands ab.

Putin ist sogar einverstanden, sich auch im Nordosten Syriens nicht mehr an Kämpfen zu beteiligen und somit einer drohenden direkten Konfrontation mit amerikanischen Truppen aus dem Weg zu gehen. Ohne den Schutz durch russische Truppen und Kampfflugzeuge werden die iranischen Revolutionswächter bald aufgerieben sein.

Durch den Nordosten Syriens aber sollte eine Fernstraße von Teheran bis nach Beirut führen. Diese „schiitische Straße“ zu verhindern war für Israel vorrangig, denn sie hätte das strategische Gleichgewicht aus dem Lot gebracht. Sehr schnell hätte Teheran die libanesische Hisbollah mit Raketen aufrüsten und selber bis an die israelische Grenze heranrücken können.

Die Europäer spielen bei den Absprachen keine Rolle

Generell sollen nun iranische Einheiten nicht näher als 80 Kilometer vor israelischem Gebiet Stellungen beziehen dürfen. In dieser „Sicherheitszone“ darf Israel Angriffe auf iranische Stellungen und Einheiten fliegen. Allerdings ist von iranischen Truppen und Revolutionswächtern in Syrien im Moment nicht mehr viel übrig.

Die Europäer spielen bei diesen Absprachen keine Rolle. Ihre Unterstützung des Mullah-Regimes wird Iran wenig helfen. Die amerikanischen Sanktionen greifen, die Proteste in den Straßen Teherans halten an. Die meisten westlichen Unternehmen sind abgezogen, der Rial, die iranische Währung, befindet sich im freien Fall, die Versorgungslage dürfte bald sehr kritisch werden.

Die iranische Diktatur ist der eigentliche Verlierer

Das syrische Abenteuer des iranischen Regimes hat viele Menschenleben gefordert, das Expansionsstreben der Mullahs ist einer der Gründe für die Sanktionen. Von den Massenprotesten in iranischen Städten ist in westlichen Medien nicht viel zu sehen oder zu lesen. Israel befürchtet nun, daß das Mullah-Regime versucht sein könnte, eine Art Entlastungsangriff zu wagen und hat vorsorglich oder auch wegen konkreter Informationen den Schutz des Atomreaktors Dimona in der Negev-Wüste verstärkt.

Die iranische Theokratie ist strategisch gesehen der eigentliche Verlierer der neuesten Absprachen. Ihr Sturz von innen heraus ist das Ziel Jerusalems und Washingtons. Assad ist schwach und kann bleiben, die Mullahs aber sind gefährlich und müssen weg. Das könnte schneller kommen als man in Europa vermutet.

Und auch davon würden Rußland und Amerika profitieren: Der Ölpreis würde zeitweise in die Höhe schnellen. Die wirklich Leidtragenden aber sind die Menschen, die vor den syrischen und russischen Bomben fliehen oder von ihnen begraben werden. Putin nutzt brutal und menschenverachtend den Moment der Weltmeisterschaft: Alle schauen nach Moskau, keiner nach Daraa.

Syrische Regierungstruppen in Daraa: Putin konnte sich austoben Foto: picture alliance/Xinhua
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