Knapp ein Jahr ist es her, daß der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio der „Willkommens“-Politik der Kanzlerin in einem Gutachten faktisch fortdauernden Rechtsbruch bescheinigt und die Wiederherstellung der Grenzsicherung als Verfassungspflicht dargelegt hat.
Michael Bertrams, früherer Präsident des Verfassungsgerichtshofs für Nordrhein-Westfalen, hatte zur selben Zeit die Grenzöffnung im Alleingang als „Akt der Selbstermächtigung“, Kompetenzüberschreitung und möglichen Verfassungsbruch klar beim Namen genannt. Und der Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier konstatierte vor Jahresfrist ein „eklatantes Politikversagen“ und eine in der rechtsstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik nie dagewesene „Kluft zwischen Recht und Wirklichkeit“.
Konsequenzen hatte das so gut wie keine. Die Bundesregierung tut so, als wäre mit verstärkten Grenzkontrollen und symbolischen Zurückweisungen wieder alles in Ordnung. Dabei geht die illegale Einwanderung unter Mißbrauch des Asylrechts auf hohem Niveau einfach weiter, die Schlupflöcher sind offensichtlich noch lange nicht gestopft. Die CSU-Forderung nach einer „Obergrenze“ für die freiwillige Aufnahme nicht-asylberechtigter Personen, deren Berechtigung Di Fabio gerade erst wieder bekräftigt hat, ist ein Popanz geblieben, der nach Bedarf aus der Kiste geholt und wieder verstaut wird.
Jetzt sind die Bürger dran
Auf den Rücktritt der Kanzlerin warten die Bürger, deren Alltag sich als Folge des von ihr verantworteten Kontrollverlusts in einen permanenten Ausnahmezustand verwandelt, nach wie vor vergebens. Während die Zahl der Toten, der körperlich und seelisch Traumatisierten, die zumindest indirekt auf das Konto ihrer in der Substanz bis heute nicht korrigierten Politik der offenen Tür gehen, weiter steigt, während anstelle der geöffneten Grenzen Innenstädte, öffentliche Räume und Veranstaltungsorte sich in Festungen und Hochsicherheitstrakte verwandeln, strebt sie ungerührt eine vierte Amtszeit an.
Die CSU, die das Di-Fabio-Gutachten einst in Auftrag gegeben hatte, hat sie mit als erste auf den Schild gehoben. Die Korrekturmechanismen des politischen Systems haben bislang offenkundig versagt. Eine Kanzlerin, die trotz des angerichteten Unheils weder selbst zurücktritt noch zur Abdankung gezwungen wird, muß abgewählt werden. Jetzt sind die Bürger dran: Auch deshalb ist 2017 das Jahr der Entscheidung.