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Meinung: Italienischer Holzweg

Meinung: Italienischer Holzweg

Meinung: Italienischer Holzweg

Casa-Pound-Anhänger
Casa-Pound-Anhänger
Casa-Pound-Anhänger: Wohin geht Italiens Rechte? Foto: picture alliance/ZUMA Press
Meinung
 

Italienischer Holzweg

Die italienische Rechte hat mit einer Großkundgebung für Furore gesorgt und intensiviert offenbar die Zusammenarbeit mit Neofaschisten. Die Erfolgsaussichten sind ungewiß. Für Deutschland ist diese Bewegung aus mehreren Gründen kein Vorbild. Ein Kommentar von Lukas Steinwandter.
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Am Wochenende versammelte sich in Rom Italiens Rechte zu einer Großdemonstration gegen die Regierung Renzi. Die Veranstaltung auf der Piazza del Popolo war auch als Testlauf für eine Neuausrichtung des rechten Lagers gedacht. Geprägt war das Spektakel aber durch alte Parolen und vor allem einer einschlägigen Anhängerschar. Während etwa Lega-Chef Matteo Salvini auf der Bühne eine Parolensalve nach der anderen abfeuerte („Renzi ist der törichte Sklave Brüssels“, „Schickt alle Immigranten heim, es darf kein einziger mehr an der Küste landen.“), machten sich unter den rund 20.000 Teilnehmern zahlreiche Neofaschisten lauthals bemerkbar.

Die alte Sympathie für die faschistische Periode, für Mussolini und sogar Hitler lebt in Teilen der italienischen Rechten erschreckenderweise fort. Bemerkbar war das am Wochenende durch Duce-Sprechchöre, erhobene rechte Arme, Mussolini-Plakate und anderen Symbole. Dabei waren dies keine Ausnahmen oder Hirngespinste linker Medien, wie das bei Medien in Deutschland gelegentlich der Fall ist. Selbst die konservative La Stampa und der blockfreie und ohne staatliche Gelder finanzierte Il Fatto Quotidiano, berichteten von vulgär-rassistischen Aussetzern.

Geschuldet war das zweifelsohne nicht den auch zahlreich erschienen Konservativen und gemäßigten Rechten, sondern dem Schulterschluß Salvinis mit den „Faschisten des dritten Jahrtausends“, der CasaPound, dessen Vizechef Di Stefano Lega-Boss Matteo Salvini kurzerhand zum neuen „Führer“ des rechten Lagers in Italien ausrief.

Die Strategie ist einfach

Und der Blick einiger Rechter aus Deutschland nach Italien ist danach offensichtlich von kritikloser Sympathie bestimmt: „Pathetische Bombast-Musik, dann der wuchtige Einzug der Casa-Pound-Hundertschaften von der höhergelegenen Viale Gabriele d‘ Annunzio auf den bereits dicht gefüllten Platz. Tosender Beifall, undenkbar dies alles in Deutschland!“, schrieb Ellen Kositza enthusiastisch für die Zeitschrift Sezession.

Gut, daß so etwas in Deutschland undenkbar ist. Man stelle sich einmal vor, Truppen von Neofaschisten und Glatzköpfen liefen unter dem Brandenburger Tor zu einer Kundgebung, wo sie von Frauke Petry erwartet werden, die, wie Salvini in Rom, linke Gegendemonstranten als „Zecken“ und als „Frevler“ jener bezeichnete, die die Zahl der Nachrichtensendungen des Staatsfernsehens von fünf auf eins reduzieren wollten. Unbegreiflich ist es, wie man einem deutschen Publikum neofaschistisch-rechtsradikale Veranstaltungen wie CasaPound als ernsthafte und anschlußfähige Projekte präsentieren will.

Salvinis Strategie ist nun freilich simpel und der Zauber entpuppt sich schnell als politisches Handeln aus dem Lehrbuch für italienische Politiker rechts der Mitte. Salvini erweist sich als Schüler Berlusconis, den er mittlerweile – 16 Prozent würden derzeit den Lega-Chef heute wählen – deutlich überholt hat. Denn mit Parolen, Fernsehen und Sport lassen sich Italiener schnell überzeugen. Wirtschaftliches Desaster, die höchste Realsteuerlast Europas, tatsächliche und Angst vor weiterer Asylflut tun ihr übriges. Wenn dann Salvini vor 20.000 Anhängern in dieser prekären Situation Forderungen in die Menge ruft, wie „Wir wollen einen Steuersatz von 15 Prozent“ oder „Der erste Dieb heißt Staat“, ist das nichts weiter als Stimmenfang.

Ein Vorbild für Deutschland?

Denn ansonsten hängt die Partei sehr am öffentlichen Geld. Die Parteizeitung der Lega Nord, la Padania, kassierte 17 Jahre satte Beiträge: 60 Millionen Euro von 1997 bis 2014 aus dem Topf vom Amt des Ministerpräsidenten für die Medien der politischen Parteien – immerhin fast 30.000 Euro im Monat. Und das für eine Zeitung einer Kleinpartei. So viel Geld bei einer Höchstauflage von 60.000 – und das auch nur in den goldenen Zeiten der Partei. Im November vergangenen Jahres schloß die Zeitung allerdings ihre Pforten für immer. Der Grund: finanzielle Schwierigkeiten.

Wie lange der Höhenflug der Salvini-Lega anhält, dürfte vor allem mit der Wirtschafts- und Flüchtlingssituation in Italien zusammenhängen. Der Padania-Zauber wird vergehen, wie in Italien jede Politik schnell vergeht. Ebenso vergehen könnte die Chance in Deutschland für die langfristige Etablierung einer rechtsdemokratischen Politik, die mit Sarrazin, Pirinçci, AfD und Pegida eigene Ansätze zu bieten hat – wenn sie sich auf den Holzweg dieser italienischen Bündnispolitik zwischen Rechtspopulisten und Neofaschisten locken läßt.

Casa-Pound-Anhänger: Wohin geht Italiens Rechte? Foto: picture alliance/ZUMA Press
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