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Kommentar: Der Rechtsstaat beißt um sich

Kommentar: Der Rechtsstaat beißt um sich

Kommentar: Der Rechtsstaat beißt um sich

Rechtsstaat
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Justitia: Den einzelnen packt man, vor massenhaftem Rechtsbruch kapituliert die Staatsmacht Foto: picture alliance/dpa-Report
Kommentar
 

Der Rechtsstaat beißt um sich

Na also, der deutsche Rechtsstaat funktioniert doch noch. Ab November tritt das verschärfte Bundesmeldegesetz in Kraft. Bei Verstößen drohen empfindliche Geldbußen. Natürlich nur für Deutsche und nicht für die Hunderttausenden, die inzwischen illegal und unregistriert durchs Land ziehen. Ein Kommentar von Michael Paulwitz.
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Na also, der deutsche Rechtsstaat funktioniert doch noch. Jedenfalls, wenn es darum geht, den langweiligen älteren grauen Herren einzuheizen, die immer nur durch die Gegend laufen und langsam mit dem Auto auf der Autobahn rumfahren und dabei vergessen, den Meldebehörden innerhalb von zwei Wochen sofort ihre neue Anschrift mitzuteilen, wenn sie umgezogen sind.

Oder, wenn sie Immobilieneigentümer sind, ihren Mietern sofort eine Bescheinigung zur Vorlage bei der Meldebehörde auszustellen, die den Einzug auch bestätigt. Damit ist jetzt Schluß: Ab 1. November tritt das verschärfte Bundesmeldegesetz in Kraft, das die obligatorische Vermieter-Bestätigung wieder einführt und Eigentümern, die nicht kooperieren, Bußgelder von bis zu eintausend Euro androhen.

Jetzt wird durchgegriffen!

Jawoll! Jetzt wird durchgegriffen! Freilich nur bei denen, die überhaupt noch bereit sind, sich an die Regeln zu halten. „Scheinanmeldungen“ von Kriminellen, die ihren wahren Aufenthaltsort verschleiern wollen, sollen mit der Verschärfung verhindert werden, heißt es zur Begründung.

Mal sehen, ob man sich als nächstes auch die Schlawiner greift, in deren Neuköllner Häusern gleich mehrere hundert „gewerbetreibende“ Zigeuner aus Rumänien und Bulgarien auf einmal ein „Gewerbe“ anmelden, um besser Sozialleistungen abgreifen zu können. Aber solchen Praktiken stehen die Ämter ja „hilflos gegenüber“.

Vollends grotesk wirkt das Um-Sich-Werfen mit Gesetzesverschärfungen und Strafandrohungen, wenn gleichzeitig Tag für Tag Tausende ungestört illegal die deutschen Grenzen überqueren. Ohne Meldeschein, dafür oft genug mit gefälschten Papieren. Jeder einzelne im Grunde ein mutmaßlicher Straftäter, weil er aus einem oder mehreren sicheren Ländern kommt und daher ziemlich gewiß kein „Flüchtling“ ist, sondern eben ein illegaler Einwanderer. Und jeder Bus- und Taxifahrer, der sie für teuer Geld ins gelobte Land chauffiert, ist zumindest als Schleuser verdächtig.

Kapitulation vor massenhaftem Rechtsbruch

Manchmal werden auch noch Strafanzeigen geschrieben und abgeheftet oder gleich wieder zerrissen – wen juckt’s. Schaffen wir halt den Straftatbestand ab, das spart Arbeit. Hunderttausende ziehen inzwischen durch die Lande, ohne überhaupt je irgendwo registriert oder erfasst, geschweige denn gemeldet worden zu sein – Achselzucken, kümmert keinen.

Aber wehe, einer der brav gemeldeten und mit lebenslanger Identifikationsnummer ausgestatteten Steuerdoofmichel, die den ganzen Wahnsinn immer noch ohne Aufmucken finanzieren, parkt sein Auto falsch, fährt zu schnell oder versäumt es, rechtzeitig irgendein Papierchen aufs Amt zu bringen. Dann zeigt der Rechtsstaat seine letzten noch nicht ausgefallenen Zähne, droht mit schwersten Strafen und kassiert gnadenlos ab.

Den einzelnen packt man, vor massenhaftem Rechtsbruch kapituliert die Staatsmacht. Auch die selektive Anwendung von Recht und Gesetz gehört zu den Vorzeichen einer Ordnung, die sich ihrem baldigen Untergang nähert. Vorher beißt sie noch mal um sich.

Justitia: Den einzelnen packt man, vor massenhaftem Rechtsbruch kapituliert die Staatsmacht Foto: picture alliance/dpa-Report
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