Was geht es die EU-Kommission an, ob die Bundesrepublik Deutschland von einwanderungswilligen ausländischen Ehepartnern den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse verlangt? Genau: Nichts. Und doch hat Brüssel eben deswegen ein Verfahren gegen Deutschland eingeleitet. Begründung: Die Verweigerung der Einreise bei schlechten Sprachtestergebnissen verstoße gegen eine EU-Richtlinie zur Familienzusammenführung.
Hier geht es nicht um Meinungsverschiedenheiten, die man mit einem Kompromiß aus der Welt schaffen könnte, sondern um Grundsätzliches. Die Entscheidung, welche Personen sich in einem Land niederlassen, dort Rechte erwerben und Leistungen der Solidargemeinschaft in Anspruch nehmen dürfen, berührt eine Kernfrage der Souveränität. Darüber sollte bestimmen, wer am Ende auch die Konsequenzen zu tragen und die Rechnung zu zahlen hat.
Die Agenda der Eurokraten hat dagegen ihre eigene Logik: EU-Europa ist für sie ein planierter und nach innen globalisierter Wirtschafts- und Konsumraum, dessen Einwohner nur als vereinzelte Konsum-, Produktions- oder Betreuungsfaktoren gezählt werden und im Idealfall schranken- und grenzenlos verschoben werden können. Völker, Nationalstaaten und gewachsene Bindungen stehen da nur im Wege.
Die Rechtsgrundlagen werden grotesk überdehnt
Das erklärt die Ungeniertheit, mit der bestehende Rechtsgrundlagen und Richtlinien einseitig und grotesk überdehnt werden, um direkt in die Belange der Mitgliedstaaten hineinzuregieren, außereuropäische Einwanderung zu fördern und bestehende nationale Vorbehalte zu schleifen. Hoch sind diese verbleibenden Hürden ohnehin nicht, auch in Deutschland. Die Sprachtests fragen nur einfachste Grundkenntnisse ab; daß trotzdem mehr als die Hälfte der Bewerber aus der Türkei und Bangladesch daran scheitern, sagt mehr über die Klientel aus, die hierzulande Einlaß begehrt, als über die Rigidität der Zulassungsbeschränkungen.
Echte Einwanderungsländer – zu denen Deutschland nach dem Bekunden seiner politischen Klasse ja auch gehören soll – nehmen sehr wohl und selbstverständlich das Recht in Anspruch, genau auszusieben, wer ihre Grenzen passieren darf. Sie lassen sich darin auch von keiner übernationalen Institution bevormunden – es geht schließlich um die Zusammensetzung ihres Staatsvolks und die Ausgestaltung ihrer Solidargemeinschaft.
Die niederländische Regierung hat kürzlich in einem Bericht erklärt, daß „die Zeit einer immer engeren Union in jedem möglichen Politikfeld hinter uns liegt“, und klar benannt, welche Kompetenzen nicht an die EU abgegeben werden dürfen. Deutschland wäre gut beraten, diesem Beispiel zu folgen und im dauernden Kampf Brüssels gegen die Souveränität der Nationalstaaten in die Gegenoffensive zu gehen.
JF 30-31/13