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Ökonomismus und Verdummung

Ökonomismus und Verdummung

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Ökonomismus und Verdummung

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Über die Verblödung der Jugend durch die Bildungsinstitutionen ist zu allen Zeiten schon viel gesagt und geschrieben worden. „Jugendforscher“ Bernhard Heinzlmaier stellt gegenwärtig in Lesungen und Interviews sein frisch erschienenes Buch „Performer, Styler, Egoisten: Über eine Jugend, der die Alten die Ideale abgewöhnt haben“ vorstellt, trifft dabei den ein oder anderen Nagel auf den Kopf.

Heinzlmaier fährt einen Frontalangriff gegen den ökonomistischen Bildungsbegriff à la OECD und „Pisa“, der „Bildung“, ihre Inhalte, Lehrpläne und Ergebnisse allein an der Verwertbarkeit auf dem Arbeitsmarkt mißt. Damit sei man „auf dem besten Wege in die absolute Verblödung“, formuliert er griffig und schlagzeilenträchtig – die Pisa-Logik, nach der „das gesamte Bildungssystem den Ansprüchen und Interessen der Wirtschaft untergeordnet worden“ sei, habe Bildungsinstitutionen hervorgebracht, die „gut ausgebildete Ungebildete“ auf die Menschheit loslassen.

Wer mal bei Günter Jauchs Millionärs-Quiz zugeschaut hat, wie vor Selbstbewußtsein strotzende Überflieger mit zwei Diplomen, drei Berufspraktika und vier Auslandsaufenthalten unter den spöttischen Blicken des in einer anderen Generation durchs Abitur gegangenen Moderators an simplen Allgemeinbildungsfragen scheitern, hat eine erste Ahnung, was gemeint ist.

Allmachtsphantasien der Bildungsreformbastler

Heinzlmaier ist ein Linker – junge Menschen sind für ihn „nur ein Produkt ihrer Erziehung und Sozialisation“, und die Hauptverantwortung für die Bildungsmisere sieht er im „neoliberalen Gesellschaftssystem“.

Dennoch kommt er zu durchaus konservativen Schlußfolgerungen. Anders als „Bildungsrevolutions“-Wichtigtuer Precht hält er „nichts von Gesamtschulen, in denen alle Schüler gleichgemacht werden“; Schulen sind für ihn durchaus „Institutionen, die selektiv sein sollen“, und die Allmachtsphantasien der Bildungsreformbastler laufen ins Leere: „Es ist eine fatale Illusion zu glauben, dass man über irgendein institutionelles Arrangement – sei es Krippe, Kindergarten oder Schule – gleiche Bildungschancen für alle schaffen kann. Denn die Unterschiede entstehen durch die Sozialisation im Elternhaus.“

Freilich: Wenn der „Jugendforscher“ mit dem sorgfältig kultivierten Linksintellektuellen-Phänotyp über den „Trend zum angepaßten Hosenscheißer“ lamentiert und „den ausgeflippten Punk, oder einen alten, versoffenen Philosophen gegenüber den coolen, performenden Anzug-Typen“ bevorzugt, die nicht „aufbegehren“, sondern radikalindividualistisch konsumieren und reüssieren wollen, ohne nach links und rechts zu schauen, dann bricht eben doch wieder der verhinderte Alt-68er durch, der sich im Grunde nur zurücksehnt in die guten alten Achtziger, in denen man, gebettet auf den von anderen geschaffenen Wohlstand, noch sorglos rumgammeln konnte.

Generation Heinzlmaier sitzt zwischen den Stühlen

Die Achtundsechziger-Generation hat sich auf Kosten der von ihr moralisch diskreditierten Wiederaufbaugeneration und der nachfolgenden Generationen behaglich eingerichtet, die Jungen von heute rebellieren gegen sie, indem sie ohne verquaste ideologische Tarnung ebenfalls nur an den eigenen Erfolg denken, und die Generation Heinzlmaier sitzt dazwischen, schaut dem eigenen Abstieg zu und kommt aus Gram darüber auf einmal zu konservativen Gedanken.

Was Heinzlmaier genau meint, wenn er davor warnt, der „Verzicht auf kulturelle Bildung“ werde „unsere demokratische Grundordnung über kurz oder lang gefährden, weil der Nachfolgegeneration die politische Urteilsfähigkeit fehlt“, bleibt im Ungefähren. Aber der Befund stimmt, und das ist vielleicht auch so gewollt.

Wäre es nämlich um die „politische Urteilsfähigkeit“ der „Nachfolgegenerationen“ besser bestellt, müßte das „Aufbegehren“ längst in vollem Gange sein – nicht gegen einen ominösen „Leistungsdruck“, sondern gegen das vergiftete Erbe, das man ihnen hinterlassen hat: Die demographische Krise, die in den nächsten Jahrzehnten unbarmherzig zuschlagen wird und deren Abwendung schon in den Achtzigern verschlafen wurde, gegen die multikulturelle Demontage der Sozialsysteme und der öffentlichen Ordnung, gegen unbezahlbare Schuldenberge und gigantische Blanko-Wechsel für die Euro-„Rettung“.

Nicht auszudenken, was passiert, wenn die immer kleiner werdende Schar derer, die noch immer den Karren ziehen, auf einmal darüber nachdenken würde, was da noch auf sie zukommt.

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