Die Briten ziehen jetzt nicht als Hilfssheriff der Amerikaner in den Krieg. Und dennoch scheint Präsident Barack Obama entschlossen, den Angriffsbefehl gegen Syrien zu erteilen. Warum nur? Die Befürworter eines Militärschlages sagen, der Westen dürfe nicht zusehen, wie das Assad-Regime seine eigenen Leute tötet. Schließlich stehe fest, daß das Regime für das Giftgasmassaker verantwortlich sei. Beweis: von der NSA abgehörte Telefonate.
Damit schlägt die US-Regierung natürlich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie lenkt nicht nur vom NSA-Abhörskandal ab, indem sie das öffentliche Interesse auf einen heißen Krieg lenkt. Sie suggeriert auch unterschwellig noch, daß die NSA-Aktivitäten ja doch etwas Gutes haben: Sie dienen sogar dazu, Kriegsverbrechen im Nahen Osten aufzudecken.
Es gibt mindestens drei Gründe, warum der angeblich bevorstehende Militärschlag falsch ist: Zum ersten ist nichts bewiesen. Die Amerikaner sollen die Beweise erst einmal der Weltöffentlichkeit vorlegen, damit unabhängige Experten sich davon ein Bild machen können. Bislang hat noch niemand die angeblichen Beweise zu sehen oder zu hören bekommen.
Zweitens: Selbst wenn das Assad-Regime unzählige Syrer auf dem Gewissen hat, so gibt das dem Westen kein Recht, das Land zu bombardieren oder dort einzumarschieren. Die Syrer sollen ihren Potentaten selbst davonjagen, wenn sie seiner überdrüssig sind.
Syrien ein neuer Hort für Terroristen
Drittens: Selbst wenn es moralisch sauber wäre, Assad davonzujagen, so wäre es dennoch ein Fehler. Assad ist das kleinere Übel. Das klingt angesichts der Völkermordvorwürfe makaber, ist aber so. Die Rebellen, die vom Westen unterstützt werden, sind keine Waisenknaben. Auch sie sollen chemische Waffen im Depot haben. Wenn nun der ethnische Flickenteppich Syrien zum „failed state“ würde oder radikale Islamisten die Macht in dem Land an sich rissen, dann entstände ein neues Afghanistan: ein neuer Hort für Terroristen aller Art, die sich jetzt schon im Land zusammengerottet haben. Dann würde der Westen wahrscheinlich am Ende wieder intervenieren, um das Land zu befrieden. Das kann nicht der Wunsch verantwortungsbewußter westlicher Politiker sein.
Keiner von ihnen hat eine Exitstrategie. Sie sollten deswegen den Militärschlag überdenken und sich an diesem Zitat eines britischen Oppositionspolitikers aus dem Jahr 2006 orientieren: „Bomben und Raketen sind schlechte Botschafter. Sie gewinnen weder Herzen noch Hirne. Und sie bauen keine Demokratien.“ Der Name jenes Politikers: David Cameron.
Hier geht es zur Meldung: FDP-Politiker zufrieden mit Briten-Votum gegen Syrienkrieg
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