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Papst-Besuch: Die Kleinkariertheit überwinden

Papst-Besuch: Die Kleinkariertheit überwinden

Papst-Besuch: Die Kleinkariertheit überwinden

Papst-Besuch
 

Die Kleinkariertheit überwinden

Beim Besuch in seiner alten Heimat wird sich der Papst nicht dafür entschuldigen, daß er katholisch ist. Papst Benedikt hat die Weltkirche im Rücken und geht ihr voran. Jetzt trifft er auf eine ziemlich demoralisierte und konfuse Gesellschaft, die dringend der Orientierung und Ermutigung bedarf. Und auf eine Kirche, die nicht mehr viel zu sagen hat. Ein Kommentar von Wolfgang Ockenfels.
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Cato, Palmer, Exklusiv

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Papst Benedikt XVI. Foto: Wikipedia/Fabio Pozzebom/ABr

Beim Besuch in seiner alten Heimat wird sich der Papst nicht dafür entschuldigen, daß er katholisch ist. Papst Benedikt hat die Weltkirche im Rücken und geht ihr voran. Jetzt trifft er auf eine ziemlich demoralisierte und konfuse Gesellschaft, die dringend der Orientierung und Ermutigung bedarf. Und auf eine Kirche, die nicht mehr viel zu sagen hat. Sie ist von einem antirömischen Virus befallen, selbstquälerisch mit sich selbst beschäftigt und dreht sich „dialogisch“ ständig im Kreise. Kann der Papst die zerrissene Kirche wieder zusammenfügen, ihre spirituellen Reserven mobilisieren und ihre missionarische Kraft wecken?

Papst Benedikt besucht das Land, von dem die Reformation ihren Ausgang nahm. Inzwischen übertrifft der Anteil der Katholiken den der Protestanten. Das ist ein schwacher Trost für Katholiken, denn beide christlichen Konfessionen haben erhebliche Einbußen an Mitgliedern und öffentlicher Bedeutung zu erleiden. Nicht besonders förderlich für die Ökumene ist die Hoffnung einiger Protestanten, von der skandalbedingten Schwächung der katholischen Kirche zu profitieren.

Ins Kreuzfeuer der Massenmedien geraten

Überdies rücken einige protestantischen Kirchenleitungen in bioethischen Fragen immer weiter von den Positionen des Lebensrechts ab und entfernen sich damit auch von einem wesentlichen Ziel der Ökumene. Die katholische Kirche wurde wegen der beklagenswerten Delikte kollektiv diskreditiert. Sie wurde wegen der ihr allein angekreideten pädophilen Mißbrauchsfälle derart in die Zange genommen, daß sie sich in Sachen Moral- und Soziallehre kaum mehr zu äußern wagt.

Obwohl die evangelischen Gemeinschaften die gleichen Probleme gehabt haben wie die Katholiken, die ins Kreuzfeuer der Massenmedien gerieten, haben sie kaum einen Finger gerührt, um die antikatholische Hetzkampagne zurückzuweisen. Auch diese Haltung wirft kein gutes Licht auf die ökumenische Solidarität; sie ist ein Zeichen der ökumenischen Degeneration.

Der Papst wird bei seinem Besuch besonders in Berlin und im Bundestag mit einigen fanatischen Atheisten konfrontiert, mit einem aggressiven Säkularismus überdies, dem die ganze staatskirchenrechtliche, öffentlich-rechtliche und finanzielle Lage der Kirche nicht passt. Viele linke Abgeordnete, die gegenüber dem Dalai Lama oder einem Großmufti keine Bedenken hätten, wollen die Papstrede im Bundestag boykottieren. Ihr Protestverhalten wird gewiß eine hohe publizistische Aufmerksamkeit erhalten.

Erschwerend hinzu kommt die stilisierte Opferrolle und ständige Empörungsbereitschaft der muslimischen Verbände, die über „Islamophobie“ klagen, und der mächtigen Homosexuellenlobby, die sich von „Homophobie“ umzingelt sieht und als ihren natürlichen Feind die katholische Kirche ausgemacht hat. Vor allem letztere Gruppierung wird sich durch laute und schrille Töne bemerkbar machen.

Gegen den deutschen Kleinglauben

In den letzten Jahren haben sich die innerkatholischen Debatten verschärft. Und ich kann nur hoffen, daß man langsam auch im höheren Klerus Klartext zu reden lernt. Dieser innerkirchlich vorherrschende psychologisierende Tonfall, diese gestelzten Pathosformeln, diese vage Doppeldeutigkeit: Das alles ist inzwischen zu einem großen Ärgernis geworden, zu einem Problem kirchlicher Glaubwürdigkeit. Man weiß bei der Kirche in Deutschland kaum mehr, woran man ist. Wie in der Politik drückt man sich vor klaren Entscheidungen.

Aber wir werden sehen: In Zeiten der Krise sehnen sich viele nach Klarheit und Wahrheit. Das Verschwommene überzeugt nicht, sondern desorientiert und frustriert. Wir leben, auch gesellschaftlich und politisch, in Zeiten der Entscheidung: Entweder – oder? Man kann nicht gleichzeitig katholisch, protestantisch oder muslimisch sein. Von den Hirten der Kirche sollte man erwarten, daß sie sich klar äußern. Und zwar gemeinsam, in Abgrenzung zu jenen Opportunisten, die sich immer noch Vorteile erhoffen, wenn sie sich anti-römisch positionieren.

Was dürfen Katholiken für die Zukunft hoffen, wenn sie römisch-katholisch sind und bleiben wollen? Es erweist sich, daß finanzieller Reichtum, institutionelle Festigung und öffentliche Privilegien nicht verbergen können, daß sich hinter prächtigen kirchlichen Fassaden geistliches Elend ausbreitet.

Schön wäre es, wenn Papst Benedikt den Kleinglauben der Deutschen aufrichten, ihren Glaubenshorizont erweitern und die lähmende Resignation überwinden könnte. Der Blick auf die Weltkirche befreit von Kleinkariertheit und Selbstbezogenheit. Wir leben in gefährlichen Zeiten, und die Bedrohungen wachsen weltweit. Es sind Zeiten der Prüfung und der Bewährung des Glaubens. Vielleicht ist es gerade diese Not, die uns wieder das Beten lehrt. Und die den Mut zum öffentlichen Bekenntnis herausfordert.

Prof. Dr. Wolfgang Ockenfels ist Publizist und lehrt christliche Sozialethik an der Theologischen Fakultät in Trier.

Der Kommentar ist die gekürzte Version eines Beitrags für die italienische Zeitung Il Foglio.

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