Mit der Mission „Defend Europe“ will die Identitäre Bewegung (IB) das Treiben von Nichtregierungsorganisationen (NGO) und Schleppern im Mittelmeer dokumentieren und leere Flüchtlingsboote zerstören. Dazu sammelte die IB mehr als 160.000 Euro und charterte ein Schiff. Vergangene Woche machte die Gruppe Schlagzeilen, als ihr Kapitän festgenommen wurde. Am heutigen Dienstag startete die Aktion. Die JUNGE FREIHEIT hat mit Robert Timm gesprochen, der mit an Bord ist:
Herr Timm, Sie befinden sich mit Ihrem Schiff C-Star gerade vor Kreta. Wie ist die Stimmung?
Robert Timm: Die Stimmung ist gut, wir sind froh, daß wir es jetzt trotz aller Hindernisse, die man uns in den Weg gelegt hatte, auf das Schiff geschafft haben. Wir hoffen, nun endlich unsere Arbeit wie geplant aufnehmen zu können.
Ende vergangener Woche wurde Ihr Kapitän verhaftet. Was war passiert?
Timm: Eigentlich gar nichts, außer daß er aufgrund falscher Anschuldigungen festgenommen wurde und jetzt wieder frei ist.
Welche Anschuldigungen?
Timm: Es wurde behauptet, daß sein Schiff in Schlepperei verwickelt gewesen wäre. Eine Trainingscrew aus Sri Lanka, die auf dem Schiff war, um Seemeilen für ihre Lizenz zu sammeln, sollte wieder in ihre Heimat zurückfliegen. Sie hatten schon ihre Tickets, als sie dort einigen Vertretern entsprechender NGOs über den Weg liefen. Die haben den angehenden Matrosen dann Geld angeboten, wenn sie Asyl beantragen. Von den 20 Mann haben das Angebot dann tatsächlich fünf angenommen.
Was ist mit ihnen geschehen?
Timm: Diese NGOs haben damit effektiv das Leben dieser Leute zerstört. Denn sie befinden sich jetzt in Haft auf Zypern und werden dann wohl irgendwann in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden.
🇬🇧 When politicians fail it's our job to #DefendEurope pic.twitter.com/W1bCOlcnUT
— Defend Europe (@DefendEuropeID) August 1, 2017
Ihre Mission „Defend Europe“ erinnert sehr an die „No Way“-Kampagne der australischen Regierung.
Timm: Das ist der Punkt. Woanders macht das der Staat, bei uns in Europa nicht, obwohl das seine Aufgabe wäre. Weil uns Europa am Herzen liegt, nehmen wir das selbst in die Hand. Letzten Endes wollen wir in diesem Land weiterleben, und wenn unsere eigene Regierung vorgibt, an dem Chaos nichts ändern zu können, dann müssen wir eben beweisen, daß das geht. Und wenn es nur symbolisch ist. Wir zeigen, daß wir mit unseren bescheidenen Mitteln so viel erreichen können, und wir zeigen auch, daß die Regierung mit ganz anderen Mitteln ganz andere Möglichkeiten hätte. Allein: Es fehlt der Wille dazu.
Was wollen Sie mit einem einzigen Schiff gegen eine ganze Flotte an Schlepperbooten ausrichten?
Timm: Die Anzahl an Schiffen ist für unsere Art und Mission erst mal nebensächlich. Unsere primäre Aufgabe ist es, die Arbeit der NGOs zu kontrollieren und zu dokumentieren. Klar wären dazu zwei oder drei Schiffe auch ganz praktisch, aber mit den Mitteln, die wir haben, sind wir ganz zufrieden.
Wie viele Mitglieder der Identitären Bewegung befinden sich an Bord?
Timm: Wir sind sechs Aktivisten. Dazu kommt eine achtköpfige Besatzung des Schiffes.
Wie lange liefen die Vorbereitungen?
Timm: Wir waren bereits vor rund zwei Monaten für eine Störaktion in Italien. Anschließend ging es in die Vorbereitung. Tatsächlich war die Vorlaufzeit für die Größe des Projekts sehr kurz.
Was tun Sie, wenn Sie einem NGO-Boot auf hoher See begegnen? Versuchen Sie, es aufzuhalten?
Timm: Nein, wir werden die Arbeit der NGOs nicht aktiv behindern. Wir werden sie dokumentieren. Wenn die Gefahr besteht, daß die NGOs nicht damit klarkommen, diese Leute zu retten, werden wir natürlich auch da unterstützend eingreifen und die Leute vor dem Ertrinken bewahren. Aber es ist nicht unser Ziel, uns Schlepperbooten in den Weg zu stellen.
Wie sieht diese Dokumentation konkret aus?
Timm: Das sind verschiedene Herangehensweisen. Wir haben einerseits unser Radar, mit dem wir andere Schiffe orten können. Andererseits haben wir die AIF-Signale der NGO-Schiffe. Wenn man diese Bewegung der Schiffe über einen längeren Zeitraum beobachtet, dann wird man feststellen, daß es eine Art Hotspot in dem Gebiet vor Libyen gibt, und man wird Zeuge dieses ganzen Schauspiels. Ansonsten sind wir natürlich videotechnisch voll ausgestattet, wie man das von anderen Aktionen von uns schon kennt.
The #cstar is on her way to Catania. We are ready! #defendeurope pic.twitter.com/fuynk5yi05
— Defend Europe (@DefendEuropeID) July 23, 2017
Die NGO-Schiffe können ihr Signal aber ausschalten.
Timm: Das können sie. Aber dafür haben wir unser eigenes Radar, und das können sie nicht einfach deaktivieren.
Also versuchen Sie, immer in der Nähe von NGO-Schiffen zu bleiben?
Timm: Ja, wir wollen vor allem schauen, in welchem Zustand die Schiffe der Schlepper sind und was damit gemacht wird, wenn sie leer sind. Theoretisch sind die NGOs dazu verpflichtet, die leerstehenden Schiffe zu versenken, weil sie ein Hindernis im Schiffahrtsverkehr darstellen. Dem kommen sie aber meistens nicht nach. Zudem wollen wir kontrollieren, ob die Schiffe zurück nach Libyen geholt und wiederverwendet werden.
Haben Sie keine Angst, in einen Konflikt mit bewaffneten Schleppern zu geraten?
Timm: Wir sind uns dieses Risikos bewußt. Wir haben von unserer Seite alle Vorkehrungen getroffen, die im Rahmen des Gesetzes möglich sind. Wir werden es aber natürlich nicht auf eine Konfrontation ankommen lassen. Soviel sei gesagt.
Ihnen wird vorgeworfen, mit Ihrem Vorgehen Menschenleben im Mittelmeer zu gefährden.
Timm: Das ist Unsinn: Jedes weitere Schiff in dieser Zone bietet einen gewissen Sicherheitsfaktor, was die Schiffsbrüchigen angeht. Diese Vorwürfe sind nichts als Panikmache und eine Hetzkampagne gegen uns. Wegen unserer Tätigkeit wird niemand zusätzlich im Mittelmeer ertrinken. Ganz im Gegenteil.
Sie werden also auch Flüchtlinge aufnehmen?
Timm: Wenn diese Leute sich in unmittelbarer Lebensgefahr befinden, natürlich.
Wohin bringen Sie diese dann?
Timm: Auf jeden Fall nicht nach Europa. Außer Libyen gibt es noch viele andere Häfen an der nordafrikanischen Küste.
Sie warben in den sozialen Netzwerken für Ihre Mission unter anderem damit, daß 6,6 Millionen Afrikaner auf dem Weg nach Europa seien. Warum unterstützen Sie nicht Hilfsorganisationen, die vor Ort helfen?
Timm: Erstens: Das ist in der Mache. Das war schon immer eine politische Forderung von uns, konsequent und nachhaltig vor Ort zu helfen. Wir arbeiten derzeit an einem entsprechenden Projekt. Zweitens: Warum wird uns das nahegelegt und nicht unserer Bundesregierung. Die könnte ja ebenso in die Vororthilfe investieren und müßte dann nicht Millionen Migranten in Europa aufnehmen.
Sie planen also Ihr nächstes Projekt in Afrika?
Timm: Ich kann dazu jetzt aus strategischen Gründen nichts sagen, aber Afrika ist nicht der einzige Krisenherd auf der Welt. Wir machen das dort, wo wir glauben, daß unsere Hilfe gut ankommt.
Mit „Defend Europe“ haben Sie in sozialen Netzwerken für viel Wirbel gesorgt. Wie kommt Ihre Aktion bei den Italienern an?
Timm: Die sind uns sehr aufgeschlossen gegenüber. Gerade in Italien und auf Sizilien ist man über diese ganzen Vorgänge der NGOs nicht sonderlich erfreut. Italien ist wirtschaftlich sowieso schon angeschlagen und steht jetzt zusätzlich noch in der allerersten Linie, um die Asylprobleme zu bewältigen. Man fühlt sich allein gelassen damit. Die Leute spüren das direkt in ihrem eigenen Alltag und sind nicht sehr erfreut davon.
Sind Sie in Italien auf Widerstand gestoßen?
Timm: Zumindest gab es immer wieder entsprechende Ankündigungen. Der Bürgermeister von Catania drohte beispielsweise, unser Schiff nicht in den Hafen einlaufen zu lassen, was er aber rein rechtlich gar nicht konnte. Was besonders interessant war: In Catania lief uns die sächsische Abgeordnete der Linkspartei Juliane Nagel über den Weg. Linke haben offenbar europaweit versucht, namhafte Personen zu versammeln, um Stimmung gegen uns zu machen, der sich die Behörden vor Ort dann beugen. Daß bundesdeutsche Politiker dort auftauchen, hat mich schon sehr verwundert.
Wie finanzieren Sie „Defend Europa“?
Timm: Die Mission ist ausschließlich durch Spenden finanziert, die wir über die Onlineplattform Wesearchr eingenommen haben.
Wie kann sich ein Spender sicher sein, daß sein Geld auch wirklich für die Mission verwendet wird?
Timm: Jeder Spender sollte unseren Social-Media-Kanälen folgen, dort wird gezeigt, wie wir hier arbeiten. Vielleicht machen wir am Ende auch eine Kostenaufschlüsselung.
Wieviel kostete die Mission bislang?
Timm: Wir haben über 160.000 Euro an Spenden bekommen. Sollten wir Überschüsse haben, werden wir uns bemühen, eine zweite Mission zu starten.