Im Sommer charterte die Identitäre Bewegung (IB) ein Schiff, um das Treiben von Nichtregierungsorganisationen und Schleppern im Mittelmeer zu dokumentieren. Schon zu Beginn der Mission „Defend Europe“ sorgte sie damit für internationale Schlagzeilen. Aber auch mehrere Wochen danach steht die viel kritisierte Aktion im Fokus von Journalisten. Die Welt am Sonntag sprach mit dem Kapitän der „C-Star“ und wirft den Identitären vor, die Crew beinahe verhungern und im Stich gelassen zu haben. Im Interview mit der JUNGEN FREIHEIT weist Martin Sellner, Co-Leiter der IB Österreich und Teil des Teams von „Defend Europe“, die Vorwürfe zurück.
Herr Sellner, war die Situation während der Aktion „Defend Europe“ wirklich so schlimm – für Sie und die Mannschaft?
Sellner: Die Situation war tatsächlich hart – für uns und die Crew gleichermaßen. Der Grund dafür war ein Boykott gegen uns, den es bisher in der modernen europäischen Seefahrt nicht gegeben hat. Die „C-Star“ konnte seit ihrem Aufenthalt im afrikanischen Dschibuti in keinem Hafen normal einlaufen. Die gesamte Mission war daher eine schwere Belastungsprobe, die den Teilnehmern alles abverlangt hat. Man wollte uns brechen und zur Aufgabe zwingen, was nicht gelungen ist.
Wie reagierte die Mannschaft auf diese widrigen Verhältnisse?
Sellner: Die Crew der „C-Star“ und die „Defend Europe“-Crew hielten durch und zusammen. Ich erinnere mich lebhaft an eine der härtesten Nächte vor der tunesischen Stadt Sfax. Wir hatten nur noch Wasser für einen halben Tag und Sprit für einige Seemeilen oder um zwei Tage den Notgenerator laufen zu lassen. Der Hafenagent war aufgrund von Druck deutscher Politik auf Tunesien abgesprungen und wir verhandelten mit einem Malteser über ein mögliches Versorgungsschiff. Trotzdem wurde es einer der schönsten Abende der ganzen Mission, als wir uns mit der Crew am Vorderdeck versammelten und uns gegenseitig französische, italienische, deutsche und srilankische Volkslieder vorsangen.
Wie problematisch war die Lieferung von Nahrung und Diesel vom Festland aus?
Sellner: Versorgungsschiffe wurden genauso blockiert wie Mannschaftsschiffe. Enorme Preise wurden verlangt und einmal mischte man uns sogar Wasser in den Sprit, was fast den Motor zerstört hätte. Weder der Schiffseigner noch die Crew hat so etwas jemals erlebt. Die Presse überschlug sich mit Falschmeldungen über das „Ship of hate“, so daß sich kein Hafenagent leisten konnte, mit uns zusammenzuarbeiten.
Die beiden Journalisten behaupten, für die Mannschaft stünden zwei Monatsgehälter aus. Der schwedische Reeder sagt, Sie hätten nicht die volle Charter bezahlt.
Sellner: Das ist falsch. Wir haben wesentlich mehr als vorher vereinbart gezahlt, da es auch massive Mehrkosten gab, die nicht vorherzusehen waren. Das Problem sind die laufenden Kosten, nachdem wir von Bord gingen und unsere Charter zu Ende war. Verantwortlich für diese sind die Medien, die auch nachdem wir in Malta an Land gingen, den Vernichtungsfeldzug gegen Schiff, Crew und Reeder weiterführten.
Was sind das für laufende Kosten?
Sellner: Allein der Diesel für das Schiff kostet pro Tag 1.000 bis 2.000 Euro, je nach Seegang und Motorbelastung. Dazu Verpflegung, Hafenkosten und natürlich Gehälter. Das Problem ist, daß Seeleute für Charter meistens über eigene Personalfirmen vermittelt und von ihnen angestellt werden. Die Probleme der „C-Star“ nach dem Ende der Mission und unserer Charter gehen zu hundert Prozent auf die Kappe der linken Presse und der Antifa, die ihren Haß nicht zügeln wollte und den Feldzug gegen das Schiff und die Crew nicht beendet hat. Daß sie sich an dem Elend, das sie diesen Menschen zugefügt haben, auch noch ergötzen und es sogar uns in die Schuhe schieben wollen, ist das Verachtenswerteste, das ich jemals erlebt habe.
Haben Sie die Crew aus Sri Lanka über Ihr Vorhaben aufgeklärt, als Sie sie angeheuert haben?
Sellner: Selbstverständlich. Der Reeder und die Crew wußten über alles bis ins Detail Bescheid. Sie hatten und haben für unser Anliegen vollstes Verständnis und trugen die „Defend Europe“-Crewshirts mit Stolz. Insgesamt haben wir uns großartig mit ihnen verstanden. Die gemeinsamen Erlebnisse haben uns zusammengeschweißt, und wir haben sie natürlich nicht im Stich gelassen.
Der Kapitän wird in dem Artikel mit den Worten zitiert: „Ich schäme mich.“ Er könne seinem Sohn keine Schokolade mitbringen und seiner Tochter keine Buntstifte. Wie war und ist das Verhältnis zum Kapitän?
Sellner: Ich war einen guten Teil des Tages gemeinsam mit ihm auf der Brücke. Wir haben uns stundenlang über dies und das unterhalten und ich habe ihn gut kennen und schätzen gelernt. Er war eine echte Stütze, da er aufgrund seiner Erfahrung in der Marine Nerven aus Drahtseil hatte. Wir haben ihn und die Crew bereits nach Möglichkeiten unterstützt und eines sei gesagt: Seine Kinder werden selbstverständlich erhalten, was sie sich gewünscht haben.
Wie erklären Sie sich dann die Aussagen des Kapitäns?
Sellner: Die Crew selbst hat mir das so erklärt: Er hatte einfach Sorge, daß er, wenn er etwas Positives über uns sagt, wieder zum Ziel der linken Gutmenschen wird, die ihn und seine Mannschaft durch die Ägäis gehetzt und in keinem Hafen gelassen haben.
Hatten oder haben Sie nach „Defend Europe“ noch Kontakt zur Mannschaft?
Sellner: Ich habe, seitdem wir von Bord gingen, regelmäßigen Telefon- und Chatkontakt mit mehreren Mitgliedern. Wir unterstützen sie so gut es geht und soweit wir können. Auf ihre ausdrückliche Bitte hin haben wir das allerdings nicht öffentlich gemacht und auch jede öffentliche Skandalisierung unterlassen, solange sie noch an Bord des Schiffes waren. Sie befürchteten, daß das ihre Lage weiter verschlimmern würde.
In dem Artikel wird Ihnen vorgeworfen, die Aktion sei ein reiner Werbegag gewesen. Was waren die konkreten Erfolge?
Sellner: Diese Vorwürfe sind natürlich lächerlich. Als politische Protestgruppe ist gerade dieser Aufmerksamkeitseffekt das Ziel unserer Aktion. Darin war „Defend Europe“ bisher unerreicht. Diese Aufmerksamkeit wirkte auch auf politischer Ebene. Der scheidende österreichische Verteidigungsminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) bestätigte das, als er in einer Pressemitteilung verlautbarte, daß wegen unserer Mission die „Maßnahmen zur Schließung der Mittelmeerroute nötiger denn je“ seien. Ebenso konnten wir vor Ort, durch unsere Beobachtungen und Patrouillen beispielsweise die NGO-Schiffe quasi lahmlegen. In unserer Überwachung sank ihre Schlepperlaune gen null.