Ukraine-Konflikt: Bloß nicht zwischen allen Stühlen
Ukraine-Konflikt: Bloß nicht zwischen allen Stühlen
Ukraine-Konflikt: Bloß nicht zwischen allen Stühlen
Ukrainische Soldaten während eines Manövers: Der Konflikt in Osteuropa stellt auch das außenpolitische Selbstverständnis Deutschlands infrage Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Mykola Tymchenko
Seit Wochen schaut die Welt gebannt auf den Ukraine-Konflikt und fragt sich, ob Putin nun angreift oder nicht. Vor dem Hintergrund wird auch über die Rolle der Nato im 21. Jahrhundert diskutiert. Deutschland sollte hingegen aufpassen, sich nicht selbst in eine ungünstige Position zu bringen.
IHR DIGITALER ZUGANG.
Einfach registrieren undweiterlesen.
Alle Artikel auf JF online frei
Die JF schon jeden Mittwoch als E-Paper und via App
Die USA, Großbritannien und Frankreich hatten sich doch sowohl mit dem Zaren als auch mit Stalin immer blendend verstanden.
Man versteht nicht, warum ausgerechnet Putin plötzlich für sie so ein Problem ist?
Und das Selbstbestimmungsrecht der Ukrainer:
a) Nach allem, was man vernehmen kann, sind die Ukrainer gespalten: die Einen sind eher pro-russisch, die Anderen pro-NATO. Ein relativ eindeutiger „Volkswillen“ wäre schon Voraussetzung, um zu bewerten, welche Politik für und welche gegen jenen Volkswillen geschieht.
b) Das Selbstbestimmungsrecht hat für Danziger, Sudetendeutsche, Ostpreußen, Pommern, Schlesier, Ostbrandenburger und Südtiroler nie etwas gegolten. Wie möchte der Westen den Deutschen erklären, daß es nun plötzlich bei den Ukrainern so immens wichtig ist?
Das Thema ist sowohl intellektuell als auch historisch wirklich sehr herausfordernd da es viele grundlegende Fragen berührt.
Ist hedonistischer Individualismus eine zutreffende Beschreibung der mentalen Verfassung der wahlberechtigten Mehrheitsgesellschaft in Deutschland?
Ist die deutsche Mentalität gleichzusetzen mit der Verfassung der Mehrheitsbevölkerung im Rest der in der EU zusammengefassten Nationen?
Wenn ja, wo liegt dann der Unterschied zum amerikanischen Anspruch auf das individuelle Recht auf das Streben nach Glück?
Worin begründet sich die unvergleichliche reale Überlegenheit des amerikanischen Modells trotz aller gesellschaftlichen Spannungen und tagespolitischen Absurditäten (BLM etc.)
Ich kann darauf wirklich keine Antwort geben aber ich weiss für mich persönlich verbindlich, daß ich für das reale Deutschland 2022 niemals mein Leben einsetzen würde aber für die USA und das für was die USA in dieser Welt steht jederzeit.
Nach allem was die USA für uns getan haben ist es einfach eine Schande wie wir uns heute in der Welt darstellen und für was wir stehen – feige, besserwisserische Opportunisten.
Ich will mal an der Oberfläche kratzen. Die Aussage von Herrn Ischinger auf der Münchner Sicherheitskonferenz, die Mehrheit in Deutschland leidet an „ erlernter Hilflosigkeit“ finde ich gut und ergänze und im Handlungsfalle werden sie passiv aggressiv. Die Pro oder Antihaltung ist eine Sache, aber vielen geht es nicht um die Position eines souveränen Staates , sondern haben Angst zu frieren oder bei Corona keinen Urlaub machen zu können, Opfer für das Vaterland zu bringen. In der Ölkrise wurden Saudis Zugeständnisse gemacht, wie die Ausbildungshoheit über Imane bei uns, Einzug des Wahabismus. 35 Stundenwoche führte dazu, dass Chinaexporte mit Know-how als Ausweg blieben.Schmidt , Schröder, Kohl und Merkel waren nur dann erfolgreich, wenn sie diese Haltung bedienten. Wer heute die Wehrpflicht einführen wollte, würde politischen Selbstmord begehen. Der finnische Staatspräsident schätzt seine Armee im Gegensatz zur Bundeswehr als verteidigungsfähig ein. Wir sollten erst einmal unsere Hausaufgaben machen und rechten Bündnispartnern wie Ungarn und Polen ua in den Rücken fallen.Der Ukrainekonflikt ist ein Spiegelbild der dekadenten postheroischen Möchtegerns.
Herr Scheil zieht einen interessanten Vergleich: und zwar zwischen der jetzigen Situation in der Ost-Ukraine und jenem Konflikt, der sich 2009 zwischen Georgien, Süd-Ossetien und Russland ereignet hat. Auf die Gegenwart übertragen, läuft Scheils Gedankengang gewissermaßen auf eine Umkehrung des durch westlichen Trommelwirbel hochgekochten Bedrohungs-Szenarios hinaus: Nicht Russland bedroht die Ukraine, sondern die Ukraine bedroht russischsprachige Regionen – und zwar „ihre“ russisch orientierten Sezessionsgebiete. Denn allem Anschein nach weiss sich die Ukraine inzwischen mental und rüstungsmäßig stark genug, wenn auch nicht die Krim, so doch die Grenzregionen am Donbass auch tatsächlich raumgreifend (zurück-)gewinnen zu können. Russland wird einem solchen „Angriff“ der Ukraine nicht tatenlos zusehen können – hat aber dann das Problem, dass ihm der schwarze Peter zugeschoben wird. Denn der Zankapfel ist ein völkerrechtlich ukrainisches, ethnisch, sprachlich und kulturell jedoch rein russisches Territorium. Die einzige Möglichkeit für Putin, dieses Szenario zu verhinden, ist ein extrem markante Drohgebärde, die die Ukraine zurückschrecken lässt, im Donbass einzumarschieren.
Herr Scheil hätte recht, wenn Mitteleuropa, Ostmitteleuropa, die Benelux-Staaten und Frankreich einen kontinental-europäischen Block bilden könnten, atomar bewaffnet und nach christlich-abendländischen Grundlagen geistig neu aufgerüstet, was einen Verzicht auf die Kunstprodukte einer verspielten Aufklärung bedeutet – mit anderen Worten: eine Kulturrevolution müsste stattfinden, die den übertriebenen Individualismus der letzten 70 Jahr rückgängig macht. Europa in derzeitig „gegenderter“ Fassung ist geistig-moralisch nicht konkurrenzfähig mit den aufstrebenden eurasischen und asiatischen Mächten. Europa ein seinen derzeitigen dekadenten Formen (die von Eliten seltsamerweise als Weisheit letzter Schluss gefeiert werden) ist entweder ein Anhängsel der USA oder aber Russlands und Chinas.
In einem AFP-Interview hat Blinken die Katze aus dem Sack gelassen und enthüllt, daß es den USA um die Durchsetzung ihrer Geostrategie geht. „Es ist mehr als ein Konflikt zwischen zwei Staaten. Es geht über Russland und die Nato hinaus. Denn in Wahrheit geht es in dieser Krise nicht in erster Linie um Waffen und militärische Grundlagen. Es geht um die Souveränität und das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine und aller Staaten. Und in ihrem Kern geht es um Russlands Ablehnung eines Europas nach dem Kalten Krieg … das unversehrt, frei und in Frieden ist.“ https://www.msn.com/de-de/nachrichten/welt/blinken-kritisiert-russlands-ablehnung-eines-europas-nach-dem-kalten-krieg/vi-AASYKT1 „Ein Europa nach dem Kalten Krieg“ sollte nach dem Willen der USA auch Russland einschließen. Es sollte ein Rußland sein, in dem die globalen Konzerne und Finanzmächte ungehindert ihre Aktivitäten zur Ausbeutung der Reichtümer des Landes entfalten könnten. Es sollte ein Chodorkowski-Russland sein. Nachdem es unter Jelzin zuerst schien, als würden sich die amerikanischen Vorstellungen erfüllen, hat dann Putin dem einen Riegel vorgeschoben. Seit dem ist er einer der meistgehaßtesten Männer der Globalisten.
Sie bringen es auf den Punkt, werter Gerhard-PC.
Treffende Analyse! Es wäre noch ergänzend auf die wirtschaftlichen Interessen des Biden-Clans in der Ukraine hinzuweisen.
Darüber hinaus ist die viel beschworene „europäische Solidarität & Loyalität“ doch eine Chimäre – vor allem, was die Position Deutschlands anbelangt: Auch die EU ist ein Vehikel, um die Deutschen „unten“ zu halten und der EURO eine Möglichkeit, Deutschland auch ohne ein neues Versailles bis ans Ende aller Tage zahlen zu lassen. Außerdem soll mit allen Kräften verhindert werden, dass sich deutsche Wirtschaft, Technik und Organisation mit dem russischen Rohstoffreichtum verbündet. Das wäre eine „blockadefeste“ Kontinentalmacht, die von den USA und ihren Satrapen mit allen Mitteln verhindert würde.
Dieser Beitrag von Stephan Scheil, zeichnet sich, trotz einiger zutreffender Aussagen, dadurch aus, daß auch der Autor etwas viel zwischen den Stühlen rumeiert, wohl um selbst eine gewisse Neutralität zu zeigen. Wie ja auch die deutsche Politik nicht so frei ist, sich den Stuhl aussuchen zu können, auf den sie sich setzt. So souverän ist Deutschland nicht. Wenn es da eine gewisse Unklarheit gegeben hat, dann ist Scholz durch ein intensives Medienfeuer unter Beschuß genommen und bei einer intensiven Reisediplomatie von den „Verbündeten“ sehr schnell auf Linie gebracht worden.
Sehr kenntnisreich und ausgewogener Beitrag – im Gegensatz zu denen des Herrn Rothacher, der lieber über den Saustall E.U. berichten sollte; zwecks Meinungsvielfalt könnte dann auch Thomas Fasbender für einen Aufsatz gewonnen werden.
Weiter kann auch über den prowestlichen Staatsstreich 2014 berichtet werden, sowie das Gemetzel durch paramilitärische neonazistische Verbände in Odessa und natürlich das abgehörte fernmündliche Gespräch zwischen Nuland („Fuck the E.U.“), und die 5 Milliarden $, die dafür aufgewendet wurden, um die Ukraine ins US geführte Lager umkippen zu lassen. Somit lässt sich leichter sagen: „Jedes Land darf sich sein Bündnis aussuchen“…
Eine sachliche und kompetente Analyse vom deutschen Standpunkt aus. Vor allem die realistische Sicht auf das deutsch-russische Verhältnis ist für viele Leser sicher ungewohnt. Sie phantasieren lieber von einer deutsch-russischen Allianz, die nach Maßgabe der freiwilligen Bindung Deutschlands an den Westen und der russischen Unzuverlässigkeit sowie des Widerstandes der ostmitteleuropäischen Staaten irreal ist. Nur das angepeilte Europa der Vaterländer erscheint mir nebulos. Deutschland wird nur um den Preis weitgehender Selbstaufgabe mit Frankreichs Mittelmeerklub einen solchen Verbund bilden können. Das Muster französisch-italienischer Politik ist die Währungsunion, die entgegen allen Verträgen zu einem Instrument der unsoliden Südländer wurde. Die Kulturen der lateinischen und der germanischen Sphäre sind nicht zu vereinbaren, ohne daß eine Seite ihre Interessen und ihre ganze Lebensart hintanstellt. Eine entsprechende Trennung wäre die Lösung. Die USA werden wir als Nicht-Atommacht aus eigenem Interesse in Europa halten müssen, Rußland wird ein schwieriger Nachbar bleiben. Frankreich bis zu einem gewissen Grade ebenso.
„Angemessenes realpolitisches Handeln könnte darin bestehen, Rußland diesen Status auch juristisch oder wenigstens de facto zuzugestehen. “
Genau dies und wäre vermutlich der richtige Weg! Danach vielleicht die Ukraine neutral halten, wobei neutral ja keine Verzichtsaufgabe ist, was Länder wie die Schweiz und Finnland zeigen.
Seelenloser Artikel ,gleicht der Analyse einer Schachpartie ,ohne die geringste Berücksichtigung von Menschenrechtsfragen. So schießen sich stolz und aufrecht angetretene neokonservative Kreise völlig ohne Not ins baldige Abseits.
Wenn bei uns von Krieg die Rede ist, wird zuerst stellvertretend Adolf Hitlers 2. Weltkrieg genannt. Aber es gab vor und nach Hitler Kriege, die heute nicht mehr so stattfinden wie früher, da es Atomwaffen gibt. Darum müssen Verträge international abgesichert sein. Sonst ergeht es zukünftig den Ländern so, wie einst Deutschland mit dem Wilson Plan.Was Russland Kriege anbelangt hier eine Kostprobe. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Milit%C3%A4roperationen_Russlands_und_der_Sowjetunion
Von daher, Vertrauen ist gut, Kontrolle und Sicherheit ist besser.
Deutschland darf natürlich nicht zwischen allen Stühlen sitzen, sollte aber auch nicht auf dem falschen Stuhl Platz nehmen, wie es zum Beispiel Frau Baerbock anstrebt. ‚Mourire pour Danzig‘ hieß es früher. Heute will Frau Baerbock Deutschland dafür zahlen lassen, dass sie einseitig gegen Russland agiert. Herr Scheil hat es gut herausgearbeitet: auch Russland hat legitime Interessen, die der Westen immer mal wieder gerne ignoriert.
Jede Nation kann natürlich frei über Bündniszugehörigkeit entscheiden. Was bundesdeutsche Politiker gerne verschweigen: zur NATO-Aufnahme gehören immer zwei, nämlich derjenige der beitreten will, aber auch der, der aufnimmt. Auch die NATO wäre frei zu entscheiden, dass eine Mitgliedschaft der Ukraine nicht opportun ist, wie es z.B. im Falle Finnlands selbstverständlich akzeptiert wird. Hier fehlt mir im Westen völlig die Sensibilität.
Ein Letztes: der Autor spricht zu Recht von der Vision eines Europa der Vaterländer. Aber auch Russland ist mit seinen westlichen Landesteilen ein Teil Europas. Auch das wird gerne vergessen.
„Europa der Vaterländer. Aber auch Russland ist mit seinen westlichen Landesteilen ein Teil Europas“
Die Vision „Europa der Vaterländer“ war der Konsens zu Zeiten der EWG der Sechs. Aber das war dann ja nicht mehr gut genug.
Die Vision ist heute der vaterlose Europa-Staat, basierend auf einem hallizinierten „Volk“ der „Europäer“. Die europäischen Völker sind zur „Absterbung“ ausersehen.
In einem Europa der Vaterländer hatte auch Rußland seinen Platz.
Historisch bedingt ist das heutige Rußland jedoch nicht der Nationalstaat des Russischen Volkes sondern ein Vielvölkerstaat namens Russische Föderation. Diese Föderation umfasst auch nicht gar so europäische Völker. Die Russen selber sind natürlich Europäer.
Aus dieser Konstellation heraus sind die Ambitionen, die den Zaren (zusammen mit den anderen Großmächten) im Herbst 1914 in den „End“-Krieg um die Weltherrschaft führten im Russischen Volk noch lebendig.
Daher wird sich Rußland wohl nicht so einfach in einer Rolle als eines der vielen Vaterländer in Europa sehen.
Eine ähnliche Situation bestand bei der Reichsgründung 1871. Die Habsburger waren Deutsche, beherrschten jedoch einen Vielvölkerstaat. Das Reich war national-deutsch.
Ergänzung:
Das Reich war nur „fast“ national-deutsch. Im Osten waren infolge des Verlusts der polnischen Staatlichkeit unter den Reichsbürgern auch ethnische Polen.
Und im Memelland lebten seit Jahrhunderten schon ethnische Litauer nicht ungern als Untertanen des preußischen Königs.
Hat der Herr Autor schon mal realisiert, dass Russland der grösste Teil Europas ist und somit zu einem „Europa der der Vaterländer“ zugehörig wäre.
Über den Rest des Artikels möchte ich mich nicht auslassen. Jedenfalls geht er am Kern dieses heiklen Themas vorbei. Und Wunschdenken führt zu nichts.
Dieser Beitrag ist älter als 2 Tage, die Kommentarfunktion wurde automatisch geschlossen.
Jetzt die JF stärken!
Unabhängigen Journalismus unterstützen!
Jetzt die JF stärken!
Unabhängigen Journalismus unterstützen!
Ukrainische Soldaten während eines Manövers: Der Konflikt in Osteuropa stellt auch das außenpolitische Selbstverständnis Deutschlands infrage Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Mykola Tymchenko