Wenn die Erinnerung an die sozialistische Unterdrückung verblaßt: Rückkehr des Kollektivdenkens
Wenn die Erinnerung an die sozialistische Unterdrückung verblaßt: Rückkehr des Kollektivdenkens
Wenn die Erinnerung an die sozialistische Unterdrückung verblaßt: Rückkehr des Kollektivdenkens
Elternlose Erziehung und Zurichtung: Jungen beim kollektiven Mittagsschlaf in einem sowjetischen Pionierlager auf der Krim, 1972 Foto: picture alliance / zb | Frank Baumgart
Wenn die Erinnerung an die sozialistische Unterdrückung verblaßt
Die Rückkehr zum Kollektivdenken war ein entscheidender Schritt, um sozialistisches Gedankengut wieder salonfähig zu machen. Wer nie unter den Bedingungen des Sozialismus leben mußte, kann ihn mit Verve herbeisehnen. Hauptsache, es gibt noch Smartphone und kostenloses WLan für alle. Ein Essay von Birgit Kelle.
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So sehr ich Ihre brillanten Ausführungen bewundere, liebe Frau Kelle, so sehr drängt es mich, Advocatus Diaboli zu spielen. Sie singen das hohe Lied der Kernfamilie. Das kenne ich seit den 1970er Jahren als ständig wiederkehrendes Mantra der CDU/CSU, um der sozialliberalen Koalition tüchtig eins auszuwischen. Hat man nachgebohrt, kam bei wertbewussten Familien-Apologeten stets immer nur die selbstverliebte Hege und Pflege ihrer kleinbürgerlichen Lebenswelt zum Vorschein, und als fernes Leitmotiv leuchtete die behäbig-biedermeierliche Idylle des 19. Jahrhunderts auf. Diese sei durch angebliche böse Sozialisten von links und (mehr noch) von rechts zerstört und durch Konrad Adenauer mühsam wieder aufgebaut worden – stehe aber jetzt in der Gefahr, von Willy Brandt und Helmut Schmidt erneut zerstört zu werden … Was mir am meisten zu denken gibt: Die DDR hatte trotz ihres fortschrittlichen Gesellschaftsbildes einen leichten Geburtenüberschuss. Das biologisch-generative Verhalten war dynamischer als in der BRD. Die jungen Leute, die ich nach 1989 „drüben“ kennenlernte, waren bei weitem nicht so dekadent wie wir verzogenen Bürgersöhnchen und -töchterchen aus Baden-Württemberg.
„Die DDR hatte trotz ihres fortschrittlichen Gesellschaftsbildes einen leichten Geburtenüberschuss.“
Die DDR brauchte das aber auch. Es war nur die nötige Stabilisierung. Die Rübermacher-Verluste mußten ausgeglichen werden. In einer Plan-Gesellschaft war das auch gut steuerbar. Durch wohldosierte Bevorzugung bei der Wohnungszuteilung.
Betr. „bei weitem nicht so dekadent wie wir verzogenen Bürgersöhnchen und -töchterchen aus Baden-Württemberg.“ So schätze auch ich das ein.
Sozialstaat in der Überflußgesellschaft. KInderlosigkeit ist volkswirtschaftlich problematisch und für die Stabilität eines Volkes potentiell gefährlich. Wird aber regelrecht generiert durch eine Sozialstaat, der die Renten „sicher“ machen will. Aber gerecht. Also für alle gleich sicher. Auch für die Kinderlosen. Es gibt ja so viele ungewollt Kinderlose. Alle müssen gleichgestellt werden.
Im Überfluß wird alles durch Steuern ausgeglichen.
Ein sehr kluger Artikel, der zeigt welcher Schwachsinn heutzutage an Schulen in Geschichte und Sozialkunde vermittelt wird. Goebbels wäre stolz gewesen ob des Erfolgs der Methode.
1) „Den Eisernen Vorhang der Russen hat man zu Fall gebracht, versagt hat der Westen aber darin, das Erbe der Freiheit zuverlässig an die nächsten Generationen weiterzureichen.“
Ja, versagt hat er. Und warum?
Weil zu viele der Menschen, die in ihrer Gesamtheit „den“ Westen repräsentieren, schnöselige Nichts-Versteher sind. 45 Kaltkriegsjahre lang wurde die Freiheit beschworen, aber nicht verstanden.
Jeder Mensch hat die Möglichkeit zwei grundlegend verschiedenen Vorstellungen der „Bestimmung“ der menschlichen Existenz zu folgen.
Die eine Vorstellung ist, daß der Mensch ein Freies Individuum sei, das seinen Wert aus sich heraus hat. Die andere Vorstellung ist, daß der Mensch ein Nichts ist, das erst durch Teilhabe an einem Kollektiv einen Wert bekommt. „Du bist Nichts, dein (…) ist Alles“, das ist die Formel. Für (…) gibt es je nach Weltanschauung verschiedene Vorschläge.
Der Mensch kann aber doch gar kein Freies Individuum sein, denn er ist ein soziales Wesen.
Das ist m.E. das entscheidene Zukurzdenken.
Jeder Mensch hat unentrinnbar eine soziale Beziehung zu genau zwei Menschen, seinen Eltern.
Das ist das Fundament aller Kollektive, die kollektiv aber trotzdem frei sind
2) Die Familie ist die natürliche Interessengemeinschaft. Und als solche ist sie frei von „Herrschaft“. Denn überall wo Menschen von anderen Menschen „beherrscht“ werden, ist keine Freiheit mehr.
Soweit einfach. Kompliziert wird es durch das Bedürfnis nach „Stärke“, um sich behaupten zu können. Darauf fußen Familie und Großfamilie. Aber noch größere Verbände versprechen noch mehr Stärke. Darum kommt es zum Entstehen von Staaten, denn „Verbunden werden auch die Schwachen mächtig“.
Da aber kommt es zur großen Entscheidung:
Eine Staatenbildung aus Freiheitlichem Geist resultiert in einem Staat, in dem alle Gewalt vom Staatsvolk ausgeht, das darum Staatsvolk ist, weil alle sich als ihresgleichen ansehen.
Wo freiheitlicher Geist nie bestand (nicht allen Menschen ist er zu Eigen) oder verloren gegangen ist, da ist Obrigkeitsstaat, in dem Menschen von anderen beherrscht werden. Die Formen sind vielfältig: Wie bei Louis XIV und seinen Untertanen, oder Lenins Partei und seinen Sowjet-Menschen, oder wie in unserem Eliten-Staat mit seiner Mainstream-Herde.
Menschen, die sich einst nicht „von den Russen beherrschen lassen“ wollten, lassen sich jetzt von Eliten beherrschen.
Noch zu „Verbunden werden auch die Schwachen mächtig“
So lockt Stauffacher in Schillers „Wilhelm Tell“ Tell den Individualisten.
„Der Starke ist am mächtigsten allein“, knurrt Tell.
Das ist das Prinzip „Privat vor Staat“
Tell vertritt jedoch kein „Privat s t a t t Staat“. Denn er sagt schließlich auf Stauffachers Frage: “ So kann das Vaterland auf Euch nicht zählen, wenn es verzweiflungsvoll zur Notwehr greift?“
“ … Bedürft ihr meiner zu bestimmter Tat, dann ruft den Tell, es soll an mir nicht fehlen.“
Diogenes, Ihre Kommentare sind sehr gut und regen zum Nachdenken an – auch im Widerspruch. Die Dualität des Menschen als Einzelindividuum und als kollektives Wesen ist ein sehr wichtiges Thema, das noch weiterer Betrachtung bedürfte.
Ein wesentliches Problem ist das die ganzen Mao- und Stalinjünger glauben das die wie Fett in der Suppe oben mit schwimmen werden und stets den Rahm abbekommen , aber da fallen sie auf die unhaltbaren Versprechungen des real existierenden Sozialismus herein . Den zu den Parteibonzen werden sie nie gehören , viel eher werden sie Teil der entrechteten Verfügungsmasse des Kollektivs werden . Der Jammer wird groß sein wenn sich das versprochene „Paradies“ als entbehrungsreiche Plan(miss)wirtschaft entpuppt und es ihnen langsam dämmert das sie ohne Not deren Freiheit geradezu verschenkt haben .
„Ein wesentliches Problem ist das die ganzen Mao- und Stalinjünger glauben das die wie Fett in der Suppe oben mit schwimmen werden und stets den Rahm abbekommen“
Der Mensch an sich, der hört gerne Versprechungen, die wohl klingen in seinen Ohren.
Z.B. alle die Schneeball-Systeme, die immer wieder aufkommen (oft wirklich schlau getarnt), funktionieren so. Einige bekommen den Rahm ab, der Rest nicht.
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Elternlose Erziehung und Zurichtung: Jungen beim kollektiven Mittagsschlaf in einem sowjetischen Pionierlager auf der Krim, 1972 Foto: picture alliance / zb | Frank Baumgart