Was ist „die Linke“? In ihrem Avantegarde-Bewußtsein trifft sich „die Linke“ mit „der Rechten“, genauer: mit der Minderheit, die sich trotzig als „rechts“ definiert. Die „Rechte“ hält nichts von der natürlichen Güte des Menschen und gründet darauf die Bejahung von staatlicher Gewalt, ohne sich über das notwendige Maß – mal freiheitlich, mal autoritär – einig zu sein. „Die Rechte“ hält sich für abgeklärter, in gewisser Weise auch für aufgeklärter als alle Progressisten und Utopisten, was wiederum den Zorn ebendieser „Linken“ erregt. So lebt die eine Seite von den Selbstdefinitionen und der verabscheuten Physiognomie der anderen. Zur Definition der Wirklichkeit genügt das richtige Feindbild. Für „die Rechten“ steckt in jedem Liberalen ein verkappter Bolschewik, für „die Linken“ in jedem Konservativen ein potentieller Neonazi. Daß die Gewalttätigkeit der „Antifas“ sich von der ihrer „Fascho“-Antipoden allein durch das Etikett „links“ unterscheidet, ist außerhalb des linksliberalen Medienbetriebs jedem Zeitgenossen klar. Wenn die tätlichen Attacken gegen Blattverteiler der JUNGEN FREIHEIT von Mitstreitern der „linken“ taz zu verantworten sind, so wäre dieser Akt geistiger Selbstentblößung zugleich ein Beitrag zur Begriffsklärung: „Linke“ sind dann jene, denen ihr Gegenüber nicht gefällt. Im übrigen wissen wir aus der Geschichte längst, daß alle geläufigen Definitionen von „links“ – emanzipativ, progressiv, humanistisch – ihren Widerspruch in sich tragen. Häme ist darüber nicht angebracht.