Der Abriß ist technisch gesehen die größte Herausforderung (Schlösserbauen ist seit Jahrhunderten Stand der Technik), von daher sind wir aus unserem Sicherheitsinteresse damit einverstanden, wenn der Bund den Palast abreißt und damit ein für uns schwer kalkulierbares Risiko schultert. Dennoch kommt zum baldmöglichsten Palastabriß von uns ein deutliches Contra. Wir sind eine Bürgerinitiative, die sich die Wiedergewinnung der lebendigen historischen Mitte Berlins zum Ziel gesetzt hat, mit dem neuen Stadtschloß als geeignetem Mittel zum Zweck. Unser Slogan lautet: Wir bauen das Schloß. Wir fragen daher: Wer soll den Palast abreißen? Also, wer soll das bezahlen und warum gerade jetzt? Wir meinen, der Palast kann durchaus stehenbleiben, bis die Finanzierung des Nachfolgebaus gesichert ist. Eine grüne Wiese als „Zwischenplatznutzung“ ist nicht sonderlich kreativ. Da läßt sich mit dem Rohling des Palastes sicher mehr anfangen. Hat denn niemand mehr hinreichende Phantasie? Im Moment ist der Palast der Republik eine coole Location, die den morbiden Reiz des nahenden Untergangs hat. Hier verschwindet ein Stück Geschichte, und alle schauen gebannt zu. Warum sollen zum jetzigen Zeitpunkt Steuergelder ausgegeben werden, wenn womöglich in zwei oder drei Jahren die von uns geplante Stadtschloß Berlin AG das Vorhaben mit privaten Mitteln realisieren kann? Der Melancholie der Abrißstimmung wird also bald die Vorfreude der Aufbaustimmung folgen. Das Schloß wird nach unserem Konzept zu 100 Prozent privat finanziert und mit einem vielseitigen Nutzungsprogramm zum beliebten Treffpunkt in der Berliner Mitte. Wir stellen dabei nicht Expertenkommissionen und abstrakte Museumskonzepte, sondern den Bürger mit seinen Wünschen in den Mittelpunkt unserer Betrachtungen. Von daher kann der Palast zunächst noch stehen bleiben und eine Bühne für Events aller Art bieten. Wichtig ist jedoch, daß keine Steuergelder verschwendet werden. Lür Waldmann ist Vorsitzender der Stadtschloß Berlin Initiative. Der Bundestag hat beschlossen, den Palast der Republik abzureißen und das Äußere des Schlosses wiederherzustellen. Natürlich gibt es auch eine Minderheit, der das nicht paßt. Einige wollen einen Park, andere den Palast wieder, Frank Augustin und ich wollten beides, Schloß und Palast mittels eines Spiegels vereinbaren, als wir 1991 die ganze Debatte losgetreten haben, und dies war zwei Sommer und einen Winter lang sogar in wahrer Größe am Ort zu sehen. Ich denke, die Bundestagsmehrheit wollte sich von der Tradition der DDR deutlich absetzen, wollte sich zu unserem Nationalstaat bekennen. Während der Bonner Republik war es doch guter Ton, nicht von Deutschland zu sprechen, so zu tun, als käme unser Staat von nirgendwo her – obwohl wir die moralischen und finanziellen Lasten unserer Geschichte auf uns nahmen (im Gegensatz zur DDR). Die Berliner Republik ist nun unleugbar Erbe von Bismarck-Deutschland, geeinigt unter den Hohenzollern, was seinerzeit auch einer sehr achtbaren Minderheit nicht gepaßt hat. Erwachsene Leute stellen sich dem – die ästhetischen Qualitäten von Bau und Stadtgestalt, die glücklicherweise exzellent wären, mal beiseite. Bis das Geld da ist, sollte der Palast ruhig stehenbleiben und kaputt, wie er ist, bespielt werden. Ein Park könnte die Sache zum Einschlafen bringen. Übrigens ist sofortiger Abriß auch aus technischen Gründen nicht ratsam: der Palast steht auf einer Wanne, die im Grundwasser aufschwimmen würde, wenn man oben einfach abbricht. Der Dom würde ins Rutschen kommen! Am besten sollte die Wanne in den Neubau integriert werden. Und das kostet Entwurfsarbeit und -zeit. Prof. Dr. Ing. Goerd Peschken lehrte an der Technischen Universität Berlin und bis zu seiner Emeritierung 1996 an der Hochschule der Künste in Hamburg. Er gilt als Nestor der Berliner Stadtschloßforschung. 1991 trug er mit einer Ausstellung in Berlin dazu bei, die Debatte um den Wiederaufbau des Hohenzollernschlosses anzuregen.