Die ersten beiden Kopftuchgesetze sind unter Dach und Fach. Und während die baden-württembergische Lösung, ein Verbot des Kopftuchs, vor allem bei Konservativen und Kirchen Anerkennung findet, ist man sich in der Ablehnung des Berliner Modells, das stramm laizistisch alle religiösen Symbole aus Ämtern und Schulen verbannt, einig. Dabei ist das alles nicht so einfach. Die Gesetze sind, wenn überhaupt, symbolisch zu verstehen – mehr nicht. Über die Frage, inwieweit das Kopftuch tatsächlich ein verläßlicher Indikator dafür ist, ob die Trägerin radikal-islamistische Positionen oder nur ein harmloses religiöses Bekenntnis vertritt, erhitzten sich bereits in der Vergangenheit die Gemüter vieler Experten. Dabei verlor man in dieser Debatte um einen Quadratmeter Stoff den Blick für das Wesentliche. Schaut man beispielsweise auf die Internetseite der islamistisch-fundamentalistischen Milli Görüs, so lächelt einem dort seit geraumer Zeit eine Frau ohne Kopftuch entgegen. Dort ist man anscheinend flexibel genug, um solche Gesetze zu unterlaufen. Apropos symbolisch: Gerade im Fall Baden-Württemberg ist die kämpferische Pose in Sachen „Abwehr des Islamismus“ tatsächlich nur aufgesetzt. So wurde dort im vergangenen Jahr ein „Islamberater“ (CDU-Mitglied) angestellt, dem ein Islam-Experte des Verfassungsschutzes eine ausdrückliche Nähe zu muslimischen Fundamentalisten attestierten. Statt sich vom Berater zu trennen, wurde der Experte abgewatscht – soviel also zur Heuchelei aus Stuttgart.
- Deutschland