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Industrie-Präsident warnt vor AfD-Wahl: Statt Wahlkampf: Der BDI-Chef hätte eigentlich genug zu tun

Industrie-Präsident warnt vor AfD-Wahl: Statt Wahlkampf: Der BDI-Chef hätte eigentlich genug zu tun

Industrie-Präsident warnt vor AfD-Wahl: Statt Wahlkampf: Der BDI-Chef hätte eigentlich genug zu tun

Dieter Kempf
Dieter Kempf
Dieter Kempf: Kempf stört, daß sich die AfD gegen die Einwanderung in die Sozialsysteme wendet Foto: picture alliance/Britta Pedersen/dpa-Zentralbid/dpa
Industrie-Präsident warnt vor AfD-Wahl
 

Statt Wahlkampf: Der BDI-Chef hätte eigentlich genug zu tun

Industrie-Präsident Dieter Kempf hat vor einer Wahl der AfD in Brandenburg und Sachsen gewarnt. Dabei hätte Kempf genug zu tun, die deutsche und die EU-Politik zu kritisieren: Euro-Rettungs- und Nullzinspolitik, teure Energiewende und Klimahysterie bergen tatsächlich die Gefahr einer Deindustrialisierung. Ein Kommentar von Jörg Fischer.
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Für Ulrich Grillo, bis Ende 2016 Präsident des Industrieverbands BDI, war es ein Schock, als die Amerikaner nicht auf CNN, die New York Times oder kalifornische Konzernlenker hörten und Donald Trump zum US-Präsidenten wählten. Auch Grillos Forderung an Trump, seine Wahlkampfrhetorik bei den Themen „Rassismus, Chauvinismus, Populismus, Sexismus“ zu beenden und keine Strafzölle einzuführen, ignorierte der Herr im Weißen Haus.

Grillos Nachfolger an der BDI-Spitze, Dieter Kempf, gibt sich international konzilianter, denn er weiß, daß die EU-Staaten jährlich für 150 Milliarden Dollar mehr in die USA verkaufen, als sie von dort beziehen. Trump sitzt bei einem Handelskrieg am längeren Hebel.

Dafür mischt sich Dieter Kempf um so mehr in die deutsche Innenpolitik ein und agiert sogar als Wahlkampfhelfer. Wie zuvor schon Kirchenführer, Manager, Gewerkschaftsführer und die Leitmedien warnt der BDI-Chef Brandenburger und Sachsen davor, ihre Stimme in zwei Wochen der AfD zu geben.

Am meisten stört ihn die Zuwanderungsskepsis

„Erfolge der AfD schaden dem Image unseres Landes. Die Attraktivität eines Standorts leidet unter extremistischen Parteien. Es drohen Abschwung und Strukturschwäche“, behauptete Kempf in einem Gespräch mit den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Die AfD wolle „keine Stärkung, sondern eine Rückabwicklung der europäischen Zusammenarbeit. Die Betonung von Nationalismus würde dem international beispiellos vernetzten Deutschland wirtschaftlich und politisch enorm schaden“, polterte der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Nürnberger IT-Dienstleisters Datev.

Was Kempf in Wahrheit aber am meisten stört, ist die Zuwanderungsskepsis der AfD: „Unsere Industrie – auch die in Ostdeutschland – braucht dringend Fachkräfte, ganz egal, woher sie kommen.“ Zugleich warf er der Partei vor, mit einer „Wut-Kampagne“ unzufriedene Bürger gegen „sozial Schwächere wie Flüchtlinge“ auszuspielen. Sprich: Kempf stört, daß sich die AfD – wie Trump mit seiner Greencard-Reform – gegen die Einwanderung in die Sozialsysteme wendet.

Es gibt eine tatsächliche Gefahr der Deindustrialisierung

Denn aus Konzernsicht kann es gar nicht genug potentielle „Fachkräfte, ganz egal, woher sie kommen“ geben: Ein höheres Angebot senkt den Preis – sprich die Lohnforderungen für schon länger hier Lebende, und das egal, ob sie Biodeutsche, Kindeskinder von Gastarbeitern oder EU-Bürger sind.

Das gilt für den deutschen IT-Ingenieur genauso wie für den Hermes-Fahrer und die türkische Putzfrau, die nun von „Geflüchteten“ verdrängt wird. Daß bislang 64 Prozent der letzteren arbeitslos sind und kein „neues Wirtschaftswunder“ (Ex-Daimler-Chef Dieter Zetsche) ausgelöst haben, scheint Kempf nicht zu stören.

Die zig Milliarden für Hartz IV und sonstige Integrationsleistungen werden aus dem allgemeinen Steuerhaushalt bezahlt. Dabei hätte Kempf genug zu tun, die deutsche und die EU-Politik zu kritisieren: die Euro-Rettungs- und Nullzinspolitik, die teure Energiewende oder das Einknicken von Union, SPD und FDP vor der grünlinken Klimahysterie. Speziell letzteres birgt die wirkliche Gefahr einer Deindustrialisierung, nicht irgendwelche deftige AfD-Wahlkampfsprüche.

Manchmal hilft ein Blick in die Geschichte

Und manchmal hilft auch ein Rückblick. Vor 18 Jahren waren Berliner Wirtschaftsvertreter in Panik: Bei der Abgeordnetenhaus-Wahl im Oktober drohte wegen des milliardenteuren Bankenskandals ein Absturz der seinerzeit noch unternehmerfreundlichen CDU und eine Regierungsbeteiligung der in PDS umbenannten ehemaligen DDR-Staatspartei SED.

Die würde ausländische Investoren abschrecken, glaubten 61 Prozent der Hauptstadt-Manager. Jeder Fünfte würde sogar seine konkreten Investitionspläne in Berlin überdenken oder gar aufgeben, behauptete eine Forsa-Umfrage im Auftrag des Wirtschaftsmagazins Impulse.

Die Wahlprognosen stimmten, und seit 2002 regiert die PDS, inzwischen mit SPD-Dissidenten zur Linken vereint, ununterbrochen die Hauptstadt mit. Der erste PDS-Wirtschaftssenator, Gregor Gysi, konnte sich nach Amtsübernahme vor Investorenterminen kaum retten. Trotz Rot-Rot(-Grün) und dem berüchtigten Berliner Slumfaktor ist Berlin zwar weiterhin arm, aber für Investoren ungeheuer „sexy“.

Die Immobilienpreise und Gewerbemieten kennen keine Obergrenze, die Einwohnerzahl kletterte von 3,38 auf 3,64 Millionen, und die Arbeitslosenquote fiel von 16,1 auf 8,1 Prozent. Das ist zwar mehr als in Hamburg (6,3 Prozent), aber weniger als in Bremen (9,8 Prozent), das keine Teilung und 50jährige SED-Diktatur überwinden mußte.

Dresden oder Potsdam werden beliebte Touristenziele bleiben

Bayern hat übrigens mit 2,9 Prozent die niedrigste Arbeitslosenquote und mit 45.000 Euro das höchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf aller deutschen Flächenländer. Dabei war der Freistaat bis zur Amtsübernahme von Markus Söder von bayerischen Patrioten regiert, bei denen „plumper Nationalismus“ (wie Dieter Kempf formulieren würde) zum Wahlkampf gehörte wie der Maßkrug.

Trotzdem war der Standort Bayern „attraktiv und einladend“ für „Fachkräfte aus aller Welt“. In Duisburg-Marxloh, Köln-Ehrenfeld oder den Berliner Brennpunkvierteln, wo die demographische Lücke mit Zuwanderern, „ganz egal, woher sie kommen“ (Dieter Kempf), geschlossen wird, haben sich hingegen bislang nur wenig indische ITler, polnische Ingenieure und chinesische Chefärzte angesiedelt. Auch als „Die Republikaner“ von 1992 bis 2001 im Landtag saßen, blutete Baden-Württemberg keineswegs aus.

Und Dresden oder Potsdam werden auch nach dem 1. September als Touristenziele weiterhin beliebter sein als multikulturelle Ruhrpott-Stadtteile oder Kriminalitätsschwerpunkte wie die Südstadt, Gostenhof oder Muggenhof-Eberhardshof in Kempfs Wahlheimat Nürnberg.

Dieter Kempf: Kempf stört, daß sich die AfD gegen die Einwanderung in die Sozialsysteme wendet Foto: picture alliance/Britta Pedersen/dpa-Zentralbid/dpa
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