WIEN. Nach dem Bekanntwerden einer Spende des Christchurch-Attentäters an die Identitäre Bewegung Österreich (IBÖ) prüft die Regierung in Wien eine Auflösung des Vereins. Es gebe „keine Toleranz für gefährliche Ideologien, ganz gleich aus welcher Ecke sie kommen“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) laut der Nachrichtenagentur APA am Mittwoch nach einer Ministerratssitzung in Wien.
Egal welche Art von Extremismus, „so was darf keinen Platz in unserem Land und in unserer Gesellschaft haben“, ergänzte Kurz. Dies dürfe „niemals toleriert werden“. Die Regierung werde mit der „vollen Härte des Gesetzes“ gegen extremistisches Gedankengut vorgehen. Es müsse aufgeklärt werden, ob es hier „Machenschaften im Hintergrund“ gegeben habe.
Auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) kündigte eine lückenlose Aufklärung an. „Unter dieser Regierung funktioniert der Rechtsstaat. Es wird gegen jeden Extremismusverdacht vorgegangen, egal ob von rechts, links oder religiös motiviert. Fanatismus hat in unserer Gesellschaft keinen Platz“, teilte er auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mit.
Alle österreichischen Verbindungen zum Attentäter von Christchurch müssen lückenlos aufgeklärt werden. Unter dieser Regierung funktioniert der Rechtsstaat. 1/2
— HC Strache (@HCStracheFP) 26. März 2019
Am Dienstag war bekanntgeworden, daß IBÖ-Chef Martin Sellner eine Spende in Höhe von rund 1.500 Euro von einer Person mit einer E-Mailadresse erhalten hatte, die den Namen des Neuseeland-Attentäters, Brenton Tarrant, enthält. Die Spende sei bei Ermittlungen zu möglichen Finanzvergehen Sellners aufgrund ihrer Höhe aufgefallen, teilte das Innenministerium mit.
Der IBÖ-Chef kritisierte die Ankündigung Kurz’ gegenüber der JUNGEN FREIHEIT als „Ausdruck einer Überreaktion auf eine mediale Hetzkampagne“. Die Identitäre Bewegung habe weder etwas mit dem Terroristen zu tun, noch seine Beweggründe oder Ziele unterstützt. „Seine private Spende an mich ein Jahr vor seinem Anschlag als Beweisgrundlage für eine ‘kriminelle Vereinigung’ zu verwenden und dann von einem ‘Verbot der IBÖ‘ zu reden ist eines Rechtsstaates nicht würdig“, ergänzte Sellner.
Die Identitären und ihre Vereine seien erst vor kurzem von diesem Verdacht „klar“ freigesprochen worden. „Ein Vereinsverbot kam damals gar nicht zur Sprache. Seit damals hat sich an der IBÖ nichts geändert. Hat sich der Rechtsstaat verändert?“ Im Juli 2018 waren 17 Mitglieder von dem Vorwurf der Gründung einer kriminellen Organisation in Graz freigesprochen worden. Im Januar bestätigte dann das Oberlandesgericht in einem Berufungsverfahren die Freisprüche. (ls)