CAMBRIDGE. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Ehrendoktorwürde der US-amerikanischen Eliteuniversität Harvard erhalten. Merkels bisherige Amtszeit sei geprägt gewesen von Pragmatismus und kluger Entschlossenheit, lobte Harvard-Präsident Lawrence Bacow laut der Nachrichtenagentur dpa die Kanzlerin bei der Verleihung der Auszeichnung am Donnerstag.
Dabei lobte die Universität explizit Merkels Spruch „Wir schaffen das“ während der Asylkrise 2015. Die Entscheidung, mehrere Millionen Asylsuchende ins Land zu lassen, habe ihren Willen gezeigt, für das einzustehen, was sie für richtig halte – auch wenn das unpopulär sei. Das Gleiche habe für ihr Vorgehen in der EU-Schuldenkrise gegolten, hieß es. Für den Slogan hatte Merkel in Deutschland viel Kritik erhalten.
Merkel ruft zu „Wahrhaftigkeit gegenüber anderen und uns selbst“ auf
Während der Ehrung brandete Reportern zufolge immer wieder Beifall auf. Laut der Süddeutschen Zeitungen waren rund 30.000 Personen auf dem Gelände, als Merkel ihre Rede hielt. Darin sagte die Kanzlerin, man solle nicht immer nur aus dem Affekt heraus handeln, sondern auch einmal innehalten. Zudem rief sie zur „Wahrhaftigkeit gegenüber anderen und uns selbst“ auf, wozu gehöre, „daß wir Lügen nicht Wahrheit nennen und nicht Wahrheit Lügen“. Protektionismus und Handelskonflikte gefährdeten unseren Wohlstand. Teile der Rede wurden anschließend als Kritik an US-Präsident Donald Trump interpretiert.
Die Kanzlerin wird in Harvard mit sehr warmen Worten begrüßt. Als daran erinnert wird, dass sie «ihr Land für mehr als ein Million Flüchtlinge geöffnet hat», bricht donnernder Applaus aus. https://t.co/kPNrYlOmVO
— Marc Felix Serrao (@MarcFelixSerrao) May 30, 2019
Dem Blatt zufolge habe der Applaus immer weiter zugenommen, je länger die Rede dauerte. „Laßt uns die Mauern der Ignoranz einreißen“, forderte Merkel. „Laßt uns die Dinge gemeinsam angehen. Laßt uns das Richtige tun, und vergessen wir nicht, dass unsere Freiheit nicht selbstverständlich ist.“
Sie ergänzte: „Wir sollten uns damit überraschen, was möglich ist.“ Dabei dürfe man nicht vergessen, „etwas Neues zu beginnen, ist immer ein Risiko. Das Alte gehen zu lassen ist die Voraussetzung für das Neue.“ Alles sei möglich. (ls)