Genetische Veränderungen sind ein beliebtes Horror-Motiv. Im sogenannten Tierhorror-Film kommt es oft durch den frevelhaften Umgang des Menschen mit der Natur zu Mutationen. Schon das berühmte japanische Monster Godzilla ist auch ein Produkt von Atombombentests. In Bert I. Gordons „In der Gewalt der Riesenameisen“ von 1977 beginnen Ameisen durch die Berührung mit illegal entsorgtem Atommüll ins Hünenhafte zu wachsen und die Menschheit zu versklaven. Im selben Jahr kam John Bud Carlos’ Schocker „Mörderspinnen“ in die Kinos. Darin hat sich durch den intensiven Einsatz von Sprühgiften in der Landwirtschaft das Verhalten gefährlicher Taranteln verändert. Sie rotten sich nun zu Massen zusammen und machen so Jagd auf große Tiere und Menschen.
Die Wirklichkeit könnte solch filmische Phantasie bald eingeholt haben, auch wenn die Folgen erst einmal weniger augenfällig sein dürften. Der umstrittene Genmais „1507“, der gegen die Raupen des Maiszünslers toxisch wirkt und resistent gegen das Schädlingsbekämpfungsmittel Glufosinat ist, wurde nun auch auf dem Gebiet der EU gebilligt. Obwohl nur drei Staaten für einen Anbau eintraten (Großbritannien, Schweden und Spanien), ermöglichten es zahlreiche Enthaltungen, unter anderem Deutschlands, die Barriere gegen den gentechnisch veränderten Mais einzureißen. EU-Agrarminister Tonio Borg kündigte schon an, eine Genehmigung auszustellen. Und dies, obwohl offenbar 80 Prozent der Deutschen und 60 Prozent der EU-Einwohner gegen Genmais eingestellt sind. Ein erneuter Beweis für die Machenschaften Brüssels über die Köpfe der Bürger hinweg.
Eingriffe in die Genetik von Tier und Pflanze gibt es seit den Anfängen der Landwirtschaft. Über den Weg der Züchtung wurden Kulturpflanzen verbessert, Nutz- und Haustiere den menschlichen Bedürfnissen angenähert. Der jetzige Eingriff via Gentechnik unterscheidet sich allerdings dadurch, daß er nicht mehr nur indirekt, sondern nun direkt in das Erbgut von Fauna und Flora eingreift. Die „Evolution“ hin zur menschengerechten Kreatur wird dadurch enorm beschleunigt.
Irreversible Veränderung der Gesamtnatur durch Genmanipulationen
Beschleunigungen aber – das weiß jeder Autofahrer – haben zur Folge, daß man leichter den Überblick und die Kontrolle über die Fahrt verlieren kann. Vor allem dann, wenn man sich in ein Terrain begibt, in dem man noch keine längeren Erfahrungswerte aufweisen kann. Die Gene werden heute noch als Lego-Bausatz verstanden, ohne in Langzeitstudien beobachten zu können, welche Veränderungen sich dabei im Gesamtgefüge der Organismen und Lebenskreisläufe ergeben.
Das Umweltinstitut München hat die sich aus der Freigabe gentechnisch veränderter Pflanzen in die Natur ergebenden Risiken zusammengestellt:
– Der Einsatz schafft eine irreversible Veränderung der Gesamtnatur. Durch entsprechendes Saatgut, Pollenflug, Insekten, Vögel und Transportfahrzeuge wird sich das gentechnisch veränderte Material rasch unkontrolliert ausbreiten. Zudem wird es bald keine gentechnikfreien Pflanzen mehr geben, da das Saatgut bereits verunreinigt wird.
– Es kommt zu Kreuzungen mit Wildpflanzen: „In Kanada ist dies bereits Realität: Genmanipulierter Raps kreuzte dort in die Wildart Rübsen aus, die sich in der Natur etabliert hat und die Eigenschaft Herbizidresistenz weiterverbreitet.“
– Gentechnisch veränderte Pflanzen, die ein bakterielles Gift absondern, töten nicht nur schädliche Insekten, sondern auch Nutzinsekten. Negative Auswirkungen unter anderem auf Schmetterlinge, Regenwürmer und Asseln wurden in Studien festgestellt. Schädlinge wiederum bilden mit der Zeit Resistenzen aus.
Gewebeschäden im Tierversuch
– Der Pestizid-Einsatz erhöht sich nach einigen Jahren wieder, weil gentechnische Resistenzen auch auf Unkräuter überspringen, die dann wieder konventionell bekämpft werden müssen.
– Über die gesundheitlichen Folgen für den Menschen existieren noch keine Langzeitstudien. „Monsantos Gen-Mais MON863 veränderte Wachstum, Nieren und Leberfunktion sowie das Blutbild von Ratten. Gewebeschäden als Folge des Herstellungsverfahrens genmanipulierter Pflanzen gab es auch bei Ratten, die mit genmanipulierten Kartoffeln gefüttert worden waren“, schreibt das Umweltinstitut München.
– Hinzu kommt die Problematik der Verarmung der Nutzpflanzenlandschaft. Die Artenvielfalt geht auch bei den Nutzpflanzen verloren, wenn Agrarkonzerne wenige Standardprodukte weltweit vertreiben. Agrarwüsten und Monokulturen sind die Folge, wenn Saatgutproduzenten das Monopol über unsere durchökonomisierte Landwirtschaft erlangen und regionale Vielfalt sowie alte Tier- und Pflanzenarten verdrängen.
Das Landwirteprivileg soll fallen
Weniger als zehn Konzerne dominieren heute bereits den Weltmarkt für Saatgut und Pestizide, allen voran Monsanto, DuPont und Syngenta. Laut den 1999 veröffentlichten Unternehmenszielen von Monsanto soll bis 2020 sämtliches Saatgut weltweit gentechnisch verändert und patentiert sein. 90 bis 95 Prozent aller genmanipulierten Pflanzen enthalten angeblich Patente von Monsanto. Durch die Patentierung werden Nutzpflanzen zu geistigem Privateigentum. Bauern dürfen dann in Zukunft nicht mehr einen Teil der eigenen Ernte als Saatgut wiederverwerten, sondern nur noch als Lizenznehmer der Großkonzerne arbeiten. Jedes Jahr müssen sie das Saatgut neu vom Konzern erwerben und damit Knebelverträge erfüllen. Damit wandelt sich eine jahrtausendealte Kultur freien Bauerntums zu einer neuen Lizenz-Knechtschaft.
Als nützliche Idioten der Agrarkonzerne dienen übrigens jene oft linksliberalen Gutmenschen, die immer wieder betonen, daß noch Milliarden Menschen mehr auf der Erde ernährt werden könnten. Man müßte nur die Ernährungsweise verändern, sagen sie, und hier werden sich wohl wirklich in Zukunft die Eingriffe des Staates auf die Privatsphäre der Bürger verschärfen. Dann bedarf es, was die Gutmenschen weniger beachten, einer enormen Ausweitung von Infrastruktur und Verkehr, um auch entlegendste Landstriche mit Nahrungstransporten beliefern zu können. Und schließlich werden sich die Agrarkonzerne anbieten, mit ertragreicherem Genfood das Problem zu lösen. Schließlich soll auch die weltweite Bevölkerungsentwicklung auf Wachstumskurs bleiben, da das kapitalistische Schneeballsystem die stete Ausweitung der Konsumzone verlangt, um überleben zu können.
Langzeitstudien würden eine Verschiebung des Einsatzes gentechnisch veränderter Pflanzen um einige Jahrzehnte bedingen. So könnten Risiken final ausgeschlossen und der Nutzen abseits rein betriebswirtschaftlicher Erwägungen berechnet werden. Dies würde aber dem Profitinteresse heutiger Agrarkonzerne zuwiderlaufen, die sich jetzt sofort saftige Gewinne ausrechnen und später für Folgeschäden keine Verantwortung übernehmen wollen.