Journalismus machen kann man nur in einem Kreis von Halbverrückten“, soll der frühere Zeit-Verleger Gerd Bucerius gesagt haben. Verbunden mit leisem Spott sollte das heißen, daß Journalisten kreative Leute sind, unberechenbar, aber immer dafür gut, den Lesern eine tolle Geschichte zu liefern und wie durch ein Wunder auf den letzten Drücker fertig zu werden, damit am nächsten Morgen eine Zeitung erscheint.
Das ist lange Geschichte. Heutige Journalisten bei Funk, Fernsehen und Tageszeitungen liegen wie eine rot-grüne Bleiplatte auf dem Land. Wer sie hört, sieht und liest, wenn sie zu Fukushima, Klimawandel, Energiewende, Asyl, Ausländerkriminalität, Euro und Finanzkrise dozieren, erlebt sie wie die „Prälaten der Inquisition“ im Roman „Die Kinder der Finsternis“ von Wolf von Niebelschütz.
Der typische Journalist ist Grün und ein wenig SPD
Der Schweizer Autor Ronnie Grob hat mehrere Untersuchungen über die parteipolitischen Präferenzen von Journalisten zusammengefaßt. Die Grünen liegen dabei mit 33,8 Prozent weit vorn, die SPD kommt auf 20,8 Prozent. CDU und CSU werden im einstelligen Bereich mit 7,6 Prozent registriert, und die FDP kommt auf 6,9 Prozent. Für die Linkspartei ist angeblich keiner, nach rechts wurde vermutlich nicht gefragt, und ein knappes Drittel gibt an, keiner Partei nahezustehen.
Schon 2008 kam Peter Ziegler in seinem für die Friedrich-Ebert-Stiftung verfaßten Aufsatz „Die Journalistenschüler“ zu einem ähnlichen Ergebnis und lieferte überdies eine interessante Information, woher die jungen Journalisten ihr Basiswissen beziehen: Leitmedium ist die linksliberale Süddeutsche Zeitung. Es folgen Spiegel und Spiegel-Online, die Zeit und die FAZ. Bild und Stern würden keine Rolle spielen. Nicht einmal vermeintlich bürgerlich-konservative Medien tauchen in der Aufzählung auf. Man ist unter sich und informiert sich von seinesgleichen, wenn man einmal von der FAZ absieht.
Eine abgelaufene Lizenz zum Gelddrucken
Der rot-grüne Mainstream hatte solange keine Sorgen, wie das Drucken von Zeitungen einer Lizenz zum Gelddrucken gleichkam. Die öffentlich-rechtlichen TV-Stationen leben noch von ihrem Zwangsgebührenmodell, was an die Steuereintreibungsrechte mittelalterlicher Vögte erinnert. Die privaten Sender finanzieren sich mit Werbung, die die Kassen reichlich füllt.
Parallel mit dem Wohlstand der Journalisten und Millionengewinnen der Verlage wuchs die Bequemlichkeit. Moralische Keule und Indoktrination traten an die Stelle aufklärender Artikel. Je mehr sich die Berliner Parteien im Reichstag annäherten, desto unkritischer wurde die Berichterstattung. Es reichen wenige Stichworte, um den Einheitsbrei zu beschreiben.
Stichworte für einen journalistischen Einheitsbrei
Das fängt an mit der Atomenergie und Fukushima, geht weiter über die Lage in Nahost und besonders Syrien und endet innenpolitisch beim „Kampf gegen Rechts“, der inzwischen zu einer Bedeutung hochgeschrieben wird wie seinerzeit der Antifaschismus in der DDR. Völliges Versagen prägt die Berichterstattung über die Finanzkrise und die Euro-Währung.
Statt nachzuvollziehen und dem Leser beziehungsweise Hörer und Zuschauer darzulegen, daß rot-grüne Finanzmarktderegulierung die Probleme ins Land geholt hat und es Kanzler Gerhard Schröder war, der Griechenland in die Währungsunion ließ, werden unkritisch die Beschwichtungsformeln und Ausreden von Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble verbreitet. Aber auf einmal macht sich das Gefühl breit, daß es so nicht mehr weitergeht.
Das große Zeitungssterben hat begonnen
Das alte linke Flaggschiff Frankfurter Rundschau meldete Konkurs an, die Financial Times Deutschland wird eingestellt, zahlreiche kleine Blätter haben schon aufgegeben, und der Konkurs der Nachrichtenagentur dapd kann dazu führen, daß mit der Deutschen Presse-Agentur nur noch eine vollwertige Nachrichtenagentur in Deutschland übrigbleibt. Zur Erinnerung: Auch in der DDR gab es mit ADN nur eine Agentur.
In der politischen Berichterstattung haben Umwälzungen stattgefunden, die sich dem Blick des breiten Publikums entziehen. So sind im Haus der Bundespressekonferenz am Schiffbauerdamm in Berlin immer weniger Journalisten zu finden. Kam in Bonn kein Beratungsunternehmen in das Gebäude, so zeugen viele Türschilder in dem Haus heute vom Sitz von Firmen, die „irgendwas mit Medien“ in Berlin-Mitte machen.
Lobbyfirmen ersetzen die journalistische Arbeit
Im Zweifel werden hier bezahlte Pressetexte und -bilder oder elektronische Formate erstellt, hinter denen Auftraggeber stecken, die vielleicht ihren Namen nicht so gerne lesen wollen. Da die meisten Zeitungen, aber auch TV- und Radiostationen heute auf eigene Produktionen verzichten, wird gedruckt und gesendet, was ins Haus kommt. Und damit wird die unabhängige Berichterstattung auf dem Altar der Beliebigkeit geopfert, oder – schlimmer – man läßt sich vor den Karren anonymer Stichwortgeber spannen.
Daß es im Haus der Bundespressekonferenz heute von kleinen Agenturen und Medienbüros wimmelt, hat mit dem Aussterben des Korrespondentenstandes zu tun. Das waren Journalisten, die seit Jahrzehnten über die Bundespolitik berichteten und denen kein Minister oder Pressesprecher ein X für ein U vormachen konnte. Diese erfahrenen Kräfte gibt es nicht mehr. Viele Zeitungen haben ihre Berliner Büros geschlossen, zuletzt der Bonner General-Anzeiger.
Der heutige Berichterstatter ist jung und damit unerfahren, arbeitet für einen Hungerlohn für ein Medienbüro, das seine Texte verbreitet, aber er ist überzeugt von seiner ökologischen und antifaschistischen Mission. Die Konsequenz: Bei vielen Tageszeitungen sind die Leser auf der Flucht vor den Redakteuren. Genauso wie die Wähler vor den Berliner Parteien. Der Chefredakteur der Wirtschaftswoche, Roland Tichy, faßt zusammen: „Zu viele deutsche Medien sind zu rot-grünen Umerziehungslagern verkommen. Deswegen will man deren Phantasmorgasmen nicht mehr lesen.“
JF 49/12