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Streiflicht: Frischer Wind durch Piraten

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Streiflicht
 

Frischer Wind durch Piraten

Die Piratenpartei trifft mit ihrem Anti-Establishment-Kurs, ihrem Plädoyer für mehr Transparenz in der Politik – so utopisch ihre Antworten auch sein mögen – auf sympathische Weise den Nerv: Eine Mehrheit der Bürger hat inzwischen die Nase voll vom ritualisierten, selbstreferentiellen Betrieb der politischen Klasse. Ein Kommentar von Dieter Stein.
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Piraten auf einer Demonstration 2009 Foto: Flickr/Piratenpartei mit CC-Lizenz

Die Landtagswahl im Saarland verstärkt einen Trend: Die Piratenpartei reüssiert als moderne Protestformation. Mühelos marschierte die von internetbegeisterten Politneulingen gegründete Partei mit 7,4 Prozent in den Landtag. Die Vertreter der Grünen, denen mit Ach und Krach der Wiedereinzug gelang, sehen neben den hippen Piraten altbacken und spießig aus: Der Nimbus des Nonkonformen ist dahin.

Nun kann man lange an konfusen Programmen, ungeordneten Klamotten und wirren Einzelforderungen herumnörgeln und den Untergang des Abendlandes beklagen. Tatsache ist, daß es keine konservative oder rechtspopulistische Formation derzeit auf die Reihe bekommt, einen Teil der Politikverdrossenen in diesem Lande zu motivieren, an die Wahlurne zu gehen.

Die Piratenpartei mit ihrem Anti-Establishment-Kurs, ihrem Plädoyer für mehr Transparenz in der Politik trifft – so utopisch ihre Antworten auch sein mögen – auf sympathische Weise den Nerv: Eine Mehrheit der Bürger hat inzwischen die Nase voll vom ritualisierten, selbstreferentiellen Betrieb der politischen Klasse.

Irgendwer muß die Fenster aufreißen und frische Luft reinlassen

Sie können die genormten Karrieristen, die sich über ausgeklüngelte Proporzsysteme Ämter und Pöstchen zuschanzen, nicht mehr sehen. Irgendwer muß die Fenster aufreißen und frische Luft reinlassen – und wenn es die Chaotentruppe der Piratenpartei ist, so lautet die legitime Wahlentscheidung vieler Bürger.

Der totale Absturz der FDP paßt insofern komplementär ins Bild: Der Linkskurs der CDU legte den liberalen Nachwuchsführungskräften eigentlich einen Ball auf den Elfmeterpunkt. Sie hätten nur das freiheitliche Profil stärken und durch nationalliberale, staatsskeptische, direktdemokratische Punkte ergänzen müssen. Der 14,6-Prozent-Wahlsieg im Bund von 2009 ließ aber wie ein unverdienter Lottogewinn den Ehrgeiz erlahmen, erwies sich als Klotz am Bein der Partei, die durch das mutlose Heer der bald um ihren Wiedereinzug bangenden Hinterbänkler zu gefügiger Masse in den Händen der machiavellistisch zupackenden Kanzlerin wurde.

Die FDP muß erst auf ganzer Linie vernichtend geschlagen werden, aus allen Landtagen und dem Bundestag fliegen, bis sie begreift, daß sie ohne Basisnähe zu einem heimatlosen freiheitsliebenden, nationalliberal-konservativen Bürgertum, zu einer erpreßten Mittelschicht, die sich den als „Rettungsschirme“ verkleideten finanziellen Selbstmordkommandos der EU-Nomenklatur nicht mehr fügen will, überflüssig ist. Gerade jetzt, wo die Kanzlerin nebenbei den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM mal eben erneut um 200 auf 700 Milliarden Euro ausweiten will, wäre ein klarer Konterpart im Parlament gefragt. Da die Piraten sich nicht an dieses Thema heranwagen, wäre dies die allerletzte Chance für die FDP.

JF 14/12

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