BERLIN. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat zum Protest gegen den Trauermarsch der NPD-nahen Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) am heutigen Montag in Dresden aufgerufen. „Wir dürfen unsere Straßen und Plätze, wir dürfen das Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkriegs nicht schweigend und widerspruchslos den Neonazis überlassen“, forderte Thierse im rbb.
Dieser Mißbrauch müsse verhindert werden. Ob sich Thierse selbst an den geplanten Blockaden gegen den Trauermarsch beteiligen wird, ließ der SPD-Politiker offen. Das werde sich vor Ort ergeben. Er halte allerdings nichts davon, „daß man das Demonstrationsrecht der Demokraten – der Gegner der Nazis – von vornherein einschränken will und daß man Demonstrationen gegen die Nazis kriminalisiert“. Dies sei problematisch und der falsche Weg.
Thierse betonte, er sei entschieden gegen jede Form von Gewalt. Die Proteste müßten von geradezu „entschlossener Friedfertigkeit“ sein. Alles andere würde den Veranstaltern des Trauermarsches in die Hände spielen, warnte er. „Passiver Widerstand ist das höchste, was erlaubt ist.“
„Die Demokratische Gesellschaft muß sich insgesamt wehren“
Sachsen müsse aber auch lernen, daß es falsch sei, „die Anti-Nazis, die Demokraten, kilometerweite von einem Nazi-Aufzug entfernt halten zu wollen“, machte Thierse deutlich. Das sei ein Verstoß gegen das Demonstrationsrecht. Menschenketten und Kopfschütteln allein reichten nicht aus, um den Trauermarsch der JLO zu verhindern. Das habe sich bereits in der Vergangenheit gezeigt.
„Die Art und Weise, wie man in Dresden damit umgegangen ist, hat zumindest indirekt dazu beigetragen, daß Dresden zu dem Ort geworden ist mit dem größten Neonaziaufmarsch in Europa“, kritisierte der stellvertretende Parlamentspräsident. Das sei eine üble Tradition, die durchbrochen werden müsse. „Die demokratische Gesellschaft muß sich insgesamt wehren gegen die Neonazis, sonst werden wir diese Gefahr nicht los.“
Bereits im vergangenen Jahr hatte Thierse dazu aufgerufen, die Proteste gegen den Trauermarsch zu unterstützen. Bei den Demonstrationen war es dann zum Teil zu massiven Ausschreitungen von Linksextremisten gekommen, bei denen zahlreiche Polizisten verletzt wurden. Thierse warf der Polizei im Anschluß vor, vollauf damit beschäftigt zu sein, „Neonazis zu schützen“. Das sei „sächsische Demokratie“. Die Deutsche Polizeigesellschaft forderte daraufhin seinen Rücktritt. Thierse sei eine „Schande für das deutsche Parlament“, sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt. (krk)