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Streiflicht: Adieu, Grundgesetz!

Streiflicht: Adieu, Grundgesetz!

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Streiflicht
 

Adieu, Grundgesetz!

Die Anzeichen verdichten sich immer mehr, daß die Euro-Krise nur wie eine Spanische Wand den eigentlichen revolutionären Transformationsprozeß verdeckt, in dem sich Europa und im Zentrum Deutschland befinden. Ein Kommentar von Dieter Stein.
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Weißmann, Reich, Republik, Nachkriegsrechte

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Das Grundgesetz könnte durch eine EU-kompatible Verfassung abgelöst werden Foto: Pixelio/Daniel Gast

Die Anzeichen verdichten sich immer mehr, daß die Euro-Krise nur wie eine Spanische Wand den eigentlichen revolutionären Transformationsprozeß verdeckt, in dem sich Europa und im Zentrum Deutschland befinden: Begeistert schwärmt der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe über die Krise „als Mutter aller Dinge“ und ermittelt, daß in einer „Geheimaktion Grundgesetz“ die Aushebelung des nationalstaatlichen Vorbehaltes gegen die weitere Preisgabe von Souveränitätsrechten, insbesondere in der Haushaltspolitik vorbereitet wird.

Die jüngsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes in Sachen Euro-Rettungsschirm hatten nämlich eine klare verfassungsrechtliche Haltelinie markiert, über die kein Weg zu führen scheint, noch mehr Kompetenzen in der Haushaltspolitik nach Brüssel zu delegieren. Letzter Bannkreis für den demokratischen Nationalstaat Deutschland und den Kern seiner Souveränität.

Doch deutete schon kurz nach der Karlsruher Entscheidung zum EFSF im September der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Andreas Voßkuhle, den Weg zu neuen verfassungsrechtlichen Ufern an: In einem Fernsehgespräch bekräftigte er die im EFSF-Urteil formulierte Auffassung, daß eine Abschaffung des Nationalstaates mit dem Grundgesetz nur durch eine Volksabstimmung und eine neue Verfassung zu machen sei.

 Letzter Bannkreis für den demokratischen Nationalstaat Deutschland

Auf die Frage, ob wir nicht an diesem Punkt seien, erklärte er: „Wir steuern auf ihn zu, das ist ganz offensichtlich.“ Und er verdeutlicht, daß ihm ein europäischer Bundesstaat sympathisch sei. Ich schrieb dazu vor sechs Wochen: „Das heißt: Es wird bereits rege darüber nachgedacht, wie der Transfer Deutschlands in einen europäischen Bundesstaat juristisch bewerkstelligt werden kann. Die revolutionäre Situation unserer Tage öffnet eine Tür, die den Deutschen mit einem Schubs den Abschied von der Nation erleichtern soll.“

Merkel beschreitet nun in aller Offenheit den Weg zu einem endgültigen Abschied vom Nationalstaat, der CDU-Parteitag formulierte entsprechende Leitlinien, nüchtern wird von ihr und Schäuble die früher gefürchtete Volksabstimmung nach Artikel 146 und der Wandel des Grundgesetzes in eine neue Verfassung ins Auge gefaßt. Ein Staatsrechtler versichert mir, es müsse dazu nur ein einziger Satz in das Grundgesetz eingefügt werden: „Das Deutsche Volk strebt an, einem europäischen Bundesstaat beizutreten.“

Nach Carl Schmitt ist die Verfassung im Kern die Grundentscheidung über Art und Form der politischen Existenz eines Volkes. Die politische Klasse glaubt, dank der krisenhaften Zuspitzung der Euro-Krise, uns Deutsche dazu bewegen zu können, einer Überführung der nationalstaatlichen Verfassung in eine europäisch-bundesstaatliche zuzustimmen. Diese Selbstabschaffung wäre ein historisches Ereignis – sie gilt es zu verhindern.

JF 47/11

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